Der Spiegel - 20.09.2019

(Barré) #1
MAURICIO DUENAS CASTANEDA / EPA-EFE / REX

»Netanyahu – eine andere Liga«: Mit dem Slogan wollte Israels
Premierminister Benjamin Netanyahu, genannt Bibi, die Par -
lamentswahl gewinnen. Er ließ Plakate anbringen, so groß wie
Einfamilienhäuser, auf denen er mit Donald Trump und Wladi-
mir Putin zu sehen war, und kündigte an, einen Teil des West -
jordanlandes zu annektieren. Genützt hat ihm das wenig. Seine
Likud-Partei hat keine Mehrheit erzielt. Aber auch seine Wider-
sacher vom Bündnis Blau-Weiß um Benny Gantz konnten nicht
genug Stimmen sammeln.
Ein Ausweg aus dem Patt wäre die Bildung einer Dreierkoalition
von Blau-Weiß, dem Likud und Israel Beitenu, der Partei von
Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman. Die Voraussetzung
für eine solche Einheitsregierung wäre allerdings ein Putsch der
Likud-Politiker gegen Netanyahu. Denn sowohl die Funktionäre
von Blau-Weiß als auch der Hardliner Lieberman schließen eine


Regierung mit dem Likud unter Beteiligung Netanyahus aus. Die
Ausrichtung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik würde sich
unter einer Gantz-Regierung wenig ändern. Die Iranpolitik Netan -
yahus haben Gantz und Lieberman während des Wahlkampfs
nicht kritisiert, auch sie unterstützen eine unerbittliche Haltung
gegen Teheran. Wie Netanyahu befürworten sie den Schatten-
krieg gegen die iranischen Revolutionswächter, um einen Land-
korridor Teheran–Bagdad–Damaskus–Beirut zu verhindern.
Anders als Netanyahu aber fordern Gantz und Lieberman
einen härteren Kurs gegenüber der radikalislamischen Hamas im
Gazastreifen. Und noch eines würde sich ändern: der politische
Umgangston. Im Vergleich zu Netanyahu tritt Gantz weniger
schrill, weniger breitbeinig auf. Er hält es stattdessen mit Theo -
dore Roosevelt: »Sprich leise, und trage einen dicken Knüppel,
dann wirst du es weit bringen.«Dominik Peters

Analyse

Bye, Bibi


Benny Gantz könnte Israels neuer Premier werden. Politisch würde sich dadurch vor allem eines ändern: der Ton.

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Ausland


Die Arktis ist jetzt schon drei bis vier Grad wärmer als vor 100 Jahren. ‣S.92

DER SPIEGEL Nr. 39 / 21. 9. 2019

»Mode ist ein politischer Akt«,steht auf dem Schild dieses Models. Der Auftritt in Kolumbiens Hauptstadt
Bogotá ist Teil einer Modenschau, an der ehemalige Kämpfer der Farc-Guerilla als Designer beteiligt
sind. Seit die Rebellen 2017 offiziell ihre Waffen abgaben, haben viele Ex-Guerilleros in die Gesellschaft
zurückgefunden. Einige haben nun jedoch den Kampf wieder aufgenommen (SPIEGEL37/2019).
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