Süddeutsche Zeitung - 20.09.2019

(Barré) #1
von petra blum

W


enn Angeline Pitt am Strand na-
mens Nine Beaches auf Bermuda
entlanggeht, kommen ihr drama-
tische Erinnerungen. Vor wenigen Wochen
noch war ihr der karibisch anmutende Ort
mit fast türkisblauem Wasser, feinkörni-
gem Sand und schattigen Palmen der letz-
te Zufluchtsort, an dem sie ihr Auto abstell-
te. Das Fahrzeug war alles, was sie noch hat-
te. Nach dem Tod ihres Mannes hat sie ihr
Haus verloren, das Auto wurde ihr einziges
Dach über dem Kopf, in dem sie Tag und
Nacht verbrachte. Sie wusch sich in öffentli-
chen Toiletten und kaufte nur trockene Le-
bensmittel, die in Bermudas subtropischer
Hitze nicht sofort verderben. Ihre persönli-
chen Gegenstände brachte sie im Koffer-
raum unter.
Ihren Job als Kellnerin hätte die 49-Jäh-
rige während dieser Zeit fast verloren. „Ich
kam oft zu spät zur Arbeit, weil ich die gan-
ze Nacht nur geweint habe“, erzählt sie.
„Ich lebte von der Hand in den Mund, auch
wenn ich keine Miete zu zahlen hatte, reich-
te es gerade mal für Lebensmittel und das
Auto.“ Angeline ist mit ihrem Schicksal
nicht allein auf Bermuda, wo es für Men-
schen wie sie ein eigenes Wort gibt: Die
„working poor“, also die „arbeitenden Ar-
men“ sind Einheimische, die trotz Vollzeit-
job nicht einmal mehr das Nötigste haben.
Ihre Zahl wächst ständig.
„Inzwischen ist Obdachlosigkeit eine na-
tionale Krise geworden“, sagt Elaine Butter-
field vom „Woman Ressource Center“ auf
Bermuda, einer Wohltätigkeitsorganisati-
on: „Wir sind hier schon lange nicht mehr
im Paradies.“ Doch obwohl die Katastro-
phe längst offensichtlich ist, wird sie gegen-
über der Öffentlichkeit oft immer noch tot-
geschwiegen – aus Scham.


In Deutschland macht die kleine Atlan-
tikinsel bisher hauptsächlich durch ein
Thema Schlagzeilen: Steuervermeidung in
industriellem Ausmaß, zu Tage gefördert
vor allem durch ein riesiges Datenleck der
auf Bermuda ansässigen Anwaltskanzlei
Appleby, das dieSüddeutsche Zeitungerhal-
ten und zusammen mit Hunderten Journa-
listen weltweit ausgewertet hatte. Dank
dieser Paradise Papers kamen nicht nur
missbräuchliche Steuerpraktiken ans
Licht, sondern auch Geldwäsche, Korrupti-
on und andere Machenschaften, bei denen
die Anwälte aus dem Steuerparadies Ber-
muda eine Rolle gespielt hatten. Von der
grassierenden Armut vor Ort war jedoch
kaum die Rede. Wie alle anderen Steueroa-
sen auf der Welt war Bermuda vor allem ei-
nes: eine Bastion des Schweigens. Inzwi-
schen offenbart sich eine Katastrophe vor
Ort, die dramatischer kaum sein könnte.
Da der Staat in Bermuda weder ausländi-
sche Konzerne noch privaten Reichtum be-
steuert, muss das Geld anderswo herkom-
men. Die einheimische Bevölkerung leistet
einen Großteil der Steuereinnahmen des
Staates. Alles auf die Insel muss importiert
werden, und die Importsteuer ist hoch, des-


halb hat Bermuda weltweit mit die höchs-
ten Lebensmittelpreise. Zehn Dollar für
ein Netz Orangen oder sieben Dollar für ei-
nen Laib Brot sind inzwischen üblich in Su-
permärkten auf der Insel. Dazu kommen
eine Lohnsteuer und hohe Sozialabgaben,
wovon ein Großteil von den Arbeitneh-
mern getragen werden muss. „Wir sind in-
zwischen das teuerste Land der Erde“, sagt
Robert Stubbs, ein Volkswirt auf Bermuda,
der sich intensiv mit der wirtschaftlichen
Lage des Landes auseinandergesetzt hat.
Laut seiner Schätzung kommt mehr als die
Hälfte der einheimischen Bevölkerung nur
noch gerade so über die Runden oder ist be-
reits extremer Armut wie Hunger oder Ob-
dachlosigkeit ausgesetzt.
Renee Dill macht nach ihrem Acht-Stun-
den-Arbeitstag Pause in einem nahegelege-
nen Park, vor der Kulisse eines kleinen Ha-
fens mit luxuriösen Motorbooten und Yach-
ten. Sie erzählt von ihrem Vollzeitjob als Ho-
telangestellte: Sie arbeitet für sieben Dol-

lar netto die Stunde in einem Hotel, mit Zu-
lagen bringt sie es manchmal auf 300 Dol-
lar Lohn pro Woche. Sie ist immer auf Spen-
den oder die Hilfe von Wohltätigkeitsorga-
nisationen angewiesen, denn ihre Miete
von 1750 Dollar schafft sie kaum, selbst zu
bezahlen. „Ich stehe immer vor der Wahl:
Gebe ich meinen Kindern zu essen oder be-
zahle ich die Stromrechnung oder die Mie-
te? Es reicht nie für alles.“ Als sie einmal kei-
ne Krankenversicherung hatte und ihre
Arztrechnungen nicht zahlen konnte, lan-
dete sie wie alle säumigen Schuldner auf
Bermuda vor Gericht und gleich anschlie-
ßend im Frauengefängnis. „Ich wurde
zehn Tage weggesperrt“, erzählt sie. „Es
gab keine Gnade.“
Auf Bermuda wird das „Debtors Prison“,
also „Gefängnisstrafe für Schuldner“ ge-
nannt. Im Frauengefängnis traf Renee vie-
le andere Mütter, die eine Strom- oder Arzt-
rechnung nicht mehr zahlen konnten. Be-
sonders bitter: Auch nach verbüßter Strafe

werden die Schulden nicht erlassen – ein
Teufelskreis, auch für Renee. Sie war eine
Weile obdachlos, hatte es schwer, nach der
Haft einen Job zu finden.
Inzwischen häufen sich wieder Arztrech-
nungen bei ihr, da die Krankenversiche-
rung nicht immer alles abdeckt. „Ich habe
Angst, dass ich wieder ins Gefängnis muss
und meinen Job verliere“, sagt sie. Resigna-
tion mischt sich in ihre Stimme. „Auf Ber-
muda ist kein Platz mehr für uns Einheimi-
sche.“ Sie deutet mit der Hand auf die Lu-
xusyachten hinter sich „Für reichen Leute,
für die ist Bermuda“, sagt sie. Dann steht
sie auf, es ist 17 Uhr, sie muss wieder los.
„Wenn du eine Weile auf der Straße gelebt
hast, lernst du, die Zeit am Sonnenstand ab-
zulesen.“
Die Zufluchtsorte von Obdachlosen und
der atemberaubende Reichtum, den die In-
sel mit ihrer Nullsteuerstrategie magne-
tisch anzieht – beide Welten liegen dicht
bei dicht, nur wenige Gehminuten vonein-

ander entfernt. Im Geschäftsviertel der
Hauptstadt Hamilton sind zahllose Ban-
ker, Berater und Anwälte nur damit be-
schäftigt, den Reichtum zu verwalten, der
in Briefkastenfirmen und Trust unbesteu-
ert und oft unentdeckt von der Öffentlich-
keit vor sich hin wächst. „Millionen und
Abermillionen von Dollar sind hier auf der
Insel, aber wir lassen unsere eigenen Leute
vor die Hunde gehen, Familien auf der Stra-
ße landen“, sagt Sheelagh Cooper von der
Wohltätigkeitsorganisation „Habitat for
Humanity“, die sich um Menschen wie Re-
nee kümmert. „Unglücklicherweise ist die
Regierung nicht in der Lage zu helfen,
denn sie hat kein Geld.“
Die Regierung wiederum streitet das
Problem nicht ab – erstmals spricht sogar
der Premierminister David Burt mit der
ausländischen Presse über die soziale und
ökonomische Situation seines Landes. Er
skizziert eine Wirtschaft in Bermuda, die
durch jahrelange Rezession, Arbeitslosig-

keit und steigende Preise völlig am Boden
ist. „Es ist schon eine komische Sache“,
sagt er mit Blick auf die Preise auf Bermu-
da. „Wir haben so viele internationale Un-
ternehmen hier. Sie bezahlen Mietzuschüs-
se für ihre Angestellten, das können mehre-
re Tausend Dollar sein. Die Einheimischen
dagegen bekommen keine Mietzuschüsse.
Das treibt die Mieten, und die Lebenshal-
tungskosten im ganzen Land.“ Anwalts-
kanzleien, Wirtschaftsprüfer und andere
Finanzdienstleister holen Personal von au-
ßerhalb. Selten arbeiten Einheimische im
Finanzsektor auf Bermuda, der auf der win-
zigen Insel zu einer beachtlichen Größe an-
gewachsen ist. Wohnraum ist knapp, Mie-
ten bis zu 10000 Dollar im Monat für drei,
vier Zimmer sind keine Seltenheit mehr.

Vor allem ein Zweig der Finanzwirt-
schaft fühlt sich im Steuerparadies Bermu-
da besonders wohl: Versicherer und Rück-
versicherer, prominent vertreten sind
auch deutsche Dax- und M-Dax-Konzer-
ne. Die Hannover Rück hat rund 30 eigene
Angestellte auf der Insel, die Munich Re be-
treibt zwei Tochtergesellschaften, die von
Anwälten betreut werden. Die Deutsche
Post ist stolz auf ihre wirtschaftlich erfolg-
reiche konzerneigene Versicherung auf
Bermuda, hat aber ebenfalls keine eigenen
Angestellten dort. Allein die Hannover
Rück teilt in einer ausführlichen Stellung-
nahme mit, dass man sich durchaus über
die wirtschaftliche und soziale Situation
der Menschen vor Ort Gedanken mache,
und sich durch Spenden und andere wohl-
tätigen Engagements bemühe, etwas vor
Ort gegen die Not zu tun. Bei der Deut-
schen Post heißt es dazu lapidar, es sei Sa-
che der Regierung, sich um die Bevölke-
rung vor Ort zu kümmern. Die Munich Re
antwortet nicht auf konkrete Fragen. Alle
drei beteuern, man nehme auf Bermuda
keine Steuervorteile in Anspruch.
„Dieses ganze System hat die Reichen
reicher gemacht, und nur dafür ist es zuge-
schnitten“, sagt Cheryl Peckwood, die frü-
her Bermuda als internationalen Finanz-
platz in aller Welt vermarktet hat. Heute
sieht sie das kritisch. „Wir Bermuder dach-
ten, der internationale Finanzsektor wäre
etwas Großartiges für uns. Aber in Wirk-
lichkeit war es das gar nicht. Es hat der ein-
heimischen Bevölkerung überhaupt nichts
gebracht, im Gegenteil.“
Premierminister Burt verspricht den
Neubau von Wohnungen in der Haupt-
stadt und Steuererleichterungen für die
Einheimischen. Doch viele seiner Wähler
sind kaum überzeugt, dass das ausreicht,
um ihre Nöte zu lindern. Schon seit Länge-
rem hat eine Auswanderungswelle einge-
setzt: Einwohner flüchten vor der Armut
und der Wirtschaftskrise auf ihrer Insel –
so auch Mike Levon, der inzwischen als
Chefkoch in einem Berliner Restaurant ar-
beitet. „In Bermuda konnte ich einfach
nicht mehr leben“, sagt er. „Mir geht es in
Deutschland viel besser. Als ich Bermuda
verlassen habe, wusste ich: Ich komme
ganz lange nicht mehr zurück.“

Paris– Bruno Le Maire ist ein höflicher
Mensch. Als guter Gastgeber spricht er erst
über das Einende anstatt über die Mei-
nungsverschiedenheiten, die er mit seinen
Besuchern aus Berlin hat. Mehrfach versi-
chert Frankreichs Finanz- und Wirtschafts-
minister am Donnerstag, er und seine deut-
schen Amtskollegen Olaf Scholz (SPD) und
Peter Altmaier (CDU) seien einer „gemein-
samen Wirtschaftsstrategie“ nähergekom-
men. Dazu, erwähnt Le Maire den heiklen
Punkt schließlich doch, zähle auch eine
Haushaltspolitik, mit der die Notenbanken
aus ihrer gegenwärtigen Rolle als Konjunk-
turstützen befreit würden.
Das ist eine kaum verhohlene Aufforde-
rung an Scholz und bedeutet so viel wie:
Als großes Euro-Land mit hohen Über-
schüssen sollte Deutschland bitte schnell
seine staatlichen Ausgaben steigern, um
Europa so vor einer ernsten Krise zu be-
wahren. „Wir sind der Meinung, dass diese
Strategie ab sofort aktiviert werden müss-
te“, referiert Le Maire die französische Posi-
tion. Er mag bestens Deutsch sprechen.

Aber er denkt französisch, erst recht, wenn
es um Finanzpolitik geht. Viele internatio-
nale Experten geben ihm dabei angesichts
des Abschwungs in Europa recht.
Scholz steht daneben und sagt nichts. Er
kennt die Begehrlichkeiten nach dem deut-
schen Geld und belässt es bei dem vorbeu-
genden Hinweis, den er schon im Eingangs-
statement zur Pressekonferenz im Pariser

Ministerium losgeworden ist: „Wir haben
ein hohes Maß an Investitionen. Wir sind
gewillt, das weiter so zu handhaben.“ Der
deutsche Minister möchte sich nicht drän-
gen lassen. Erst wenn eine wirklich tiefe
Krise eintritt, will er die Wirtschaft mit
Staatsgeld stützen. Und der Verzicht auf ei-
nen ausgeglichenen Haushalt kommt für
ihn selbst dann nicht in Frage. Le Maire hin-
gegen, dessen Land seine Neuverschul-
dung nur mühsam abbaut, kritisierte
schon vor Wochen die deutsche Politik der
schwarzen Null in Anbetracht von Minus-
zinsen als „Ideologie“. Allerdings tut er das
nicht, wenn Besuch aus Berlin da ist.
So höflich der Umgang miteinander ist,
so hart prallen beim deutsch-französi-
schen Wirtschaftsrat, für den Scholz und
Altmaier nach Paris gekommen sind, die
Ansichten in der Sache aufeinander. Sol-
chen Streit sind die Regierungen im Prin-
zip gewohnt – es ist deutsch-französische
Normalität. Ungewohnt sind allerdings die
Vorzeichen, unter denen die Auseinander-
setzung abläuft. Diese Vorzeichen haben
sich in den vergangenen Monaten ver-
kehrt, die Gewichte im Verhältnis der bei-
den stärksten Wirtschaftsmächte Europas
haben sich verschoben.
Während Deutschland gegen eine Rezes-
sion ankämpft und trotzdem keinen An-
lass für Konjunkturhilfen sieht, widersteht
Frankreich mit einem Wachstum der Wirt-
schaftsleistung von voraussichtlich 1,3 Pro-
zent in diesem Jahr wacker dem Ab-
schwung. Nachdem sich die Franzosen von
den Deutschen ein Jahrzehnt lang viel Bes-

serwisserei anhören mussten, erlauben sie
sich nun ihrerseits ungebetene Ratschläge
an den deutschen Finanzminister. Staats-
präsident Emmanuel Macron hatte schon
im Frühjahr süffisant angemerkt:
„Deutschland befindet sich am Ende eines
Wachstumsmodells, das sehr von den Un-
gleichheiten im Euroraum profitierte.“
Im neu definierten deutsch-französi-
schen Spannungsfeld hat es Altmaier et-
was leichter als Scholz. Als Wirtschaftsmi-
nister kann er mit Le Maire regelmäßig
neue binationale Initiativen verkünden. So
auch am Donnerstag: Ein deutsch-franzö-
sisches Konsortium zum Bau von Batte-
rien für E-Autos wird demnächst eine ers-
te Fabrik in Frankreich errichten; bis 2023
soll das politisch forcierte Batteriebünd-
nis, zu dem unter anderem die Peugeot-
Tochter Opel gehört, auch in Deutschland
ein Werk betreiben. Außerdem stoßen Alt-
maier und Le Maire den Aufbau einer
deutsch-französischen Cloud an. Der IT-
Speicher soll „eine europäische Alternati-
ve für souveräne Dateninfrastruktur“ sein,
so Altmaier, damit europäische Unterneh-
men zur Aufbewahrung ihrer Daten nicht
auf chinesische oder auf US-Anbieter ange-
wiesen sind.
Noch etwas haben Scholz, Altmaier und
Le Maire zu verkünden: Sie berufen am
Donnerstag eine Art Rat von Wirtschafts-
weisen aus beiden Ländern. Zu ihm gehö-
ren auf deutscher Seite etwa Marcel Fratz-
scher, der Chef des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung, und Ifo-Präsident
Clemens Fuest. leo klimm

Stuttgart– Dieses Urteil freut die Autoher-
steller – und ärgert ihre vielen Zulieferer
sowie alle Pkw-Besitzer. Letztere hatten ge-
hofft, dass auf dem Markt der Ersatzteile
künftig mehr Wettbewerb herrschen und
damit die Preise sinken würden. Aber der
Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese
Erwartungen am Donnerstag in Luxem-
burg zunichte gemacht. Er wies eine Klage
des deutschen Gesamtverbands Autoteile-
Handel (GVA) gegen den südkoreanischen
Hersteller Kia zurück – und zementierte
damit den Status Quo auf dem umkämpf-
ten Milliardenmarkt der Auto-Reparatur
und – Wartung.
Die Branche ist riesig, in Europa setzt
sie pro Jahr etwa 130 Milliarden Euro um.
Alleine der Volkswagen-Konzern machte
2018 mit seinem Ersatzteil- und Zubehör-
geschäft weltweit 16 Milliarden Euro Um-
satz. Wäre diese Sparte ein selbständiges
Unternehmen, würde es zu den 50 größten
Firmen Deutschlands gehören, auf Augen-
höhe mit den Dax-Konzernen Merck und
Linde. Im Falle eines negativen Urteils hät-
ten Volkswagen und andere Autobauer bei
ihren zuverlässigen Umsatzbringern wohl
erhebliche Gewinnrückgänge einplanen
müssen. So aber bleibt alles beim Alten.
Zum Leidwesen der Autofahrer, die je nach
Alter ihres Fahrzeugs mehr oder weniger
oft in die Werkstatt fahren müssen.
In dem Urteil geht es zwar nur um die
Klage des GVA gegen Kia. Doch der Dach-
verband, dem mächtige Zulieferer wie
Bosch oder ZF angehören, hatte sich ein
Musterurteil erhofft, das den Teilemarkt
umkrempelt. Die Klage unterstellte den Au-
tobauern, dass sie gegen EU-Recht versto-
ßen. Konkret wirft der GVA den Konzernen


vor, sie würden ihre Vertragswerkstätten
bevorzugen und unabhängige Ersatzteil-
Händler diskriminieren. Die entscheiden-
de Frage dabei: Müssen die Auto-Konzer-
ne den freien Teileherstellern und Händ-
lern elektronische Daten zur Verfügung
stellen, die leichter zugänglich und besser
verarbeitbar sind und damit mehr Wettbe-
werb ermöglichen?
Genau dies strebe die EU mit ihrer Ge-
setzgebung an, betonen die Kläger. Den-
noch würden die Autohersteller den Zu-
gang zu Datenbanken erschweren. Das ha-
be gravierende Folgen für jene Firmen, die
in Konkurrenz zu den sogenannten „Origi-
nalteilen“ Komponenten herstellen. Weil
sehr oft unklar bleibe, ob das Ersatzteil x
wirklich in das Fahrzeug y passe, müssten
freie Teilebauer oft mehrere Versionen ei-
nes Teils liefern – in der Hoffnung, dass
das richtige dabei ist. Die restlichen Teile
würden danach wieder zurückgeschickt
werden.
Der Verband der Automobilindustrie
wies die Vorwürfe stets zurück. „Der Ver-
braucher in Deutschland profitiert – wie
im Pkw-Markt insgesamt – auch hier von
einem intensiven Wettbewerb“, sagt VDA-
Sprecher Eckehart Rotter.
Der Rechtsstreit läuft bereits seit Jah-
ren. Zunächst bekam der GVA Recht, doch
das OLG Frankfurt kippte das Urteil. Zu-
letzt verwies der Bundesgerichtshof die Sa-
che an den EuGH. Dieser stellte nun klar:
„Automobilhersteller sind nicht verpflich-
tet, unabhängigen Marktteilnehmern Zu-
gang zu Reparatur- und Wartungsinforma-
tionen für Fahrzeuge in elektronisch wei-
terzuverarbeitender Form zu gewähren.“
(Aktenzeichen C-527/18). stefan mayr

Das Paradies der anderen


Die Atlantikinsel Bermuda ist vor allem für Steuervermeidung von Großkonzernen bekannt. Doch was
öffentlichen Kassen weltweit schadet, produziert auch eine Katastrophe vor Ort

Düsseldorf– DHL will die Paketpreise
für Geschäftskunden mit individuell
vereinbarten Konditionen im neuen
Jahr nach eigenen Angaben deutlich
erhöhen. Man reagiere auf erheblich
höhere Transport- und Personalkosten,
teilte die Deutsche Post mit. Betroffen
seien Firmen, die mindestens 3000 Pa-
kete jährlich mit DHL versenden, sagt
eine Sprecherin. Um wie viel Prozent
die Preise im Schnitt steigen sollen, gibt
die Post nicht bekannt. Ob Versender
wie etwa Onlinehändler die höheren
Preise an die Kundschaft weitergeben,
bleibt ihnen überlassen. Bereits im
September hatte DHL die Paketpreise
für kleinere Geschäftskunden mit Lis-
tenpreisen angehoben. reuters, ikt

San Francisco– Das Online-Zimmer-
vermittler Airbnb will im kommenden
Jahr an die Börse gehen. Man erwarte,
im Lauf des Jahres 2020 Aktien auszuge-
ben, teilte das Unternehmen auf seiner
Webseite mit. Weitere Details wurden
nicht genannt. Zuvor hatte Airbnb seine
Zahlen fürs zweite Quartal veröffent-
licht: Demnach übersprang die Firma
zum zweiten Mal in ihrer elfjährigen
Geschichte die Marke von einer Milliar-
de Dollar Umsatz. Gewinnzahlen veröf-
fentlichte das Unternehmen nicht. Über
Airbnb werden inzwischen mehr als
sieben Millionen Wohnungen und Häu-
ser in mehr als 100 000 Städten rund
um den Globus zur Kurzzeitmiete ange-
boten. sz/reuters

London– Die Bank von England be-
lässt auch nach der Senkung der Zinsen
in den USA und in der Euro-Zone geld-
politisch alles beim Alten. Angesichts
der ungelösten Brexit-Frage tasteten
die Währungshüter um Notenbank-
Chef Mark Carney den Schlüsselsatz
von 0,75 Prozent nicht an. Sie warnten
zugleich, dass eine noch längere Brexit-
Hängepartie die Wirtschaft weiter
schwächen und für „tief greifende Unsi-
cherheit“ sorgen könne. Für den Fall
eines ungeregelten EU-Austritts ließen
die Währungshüter offen, ob eher eine
Senkung oder eine Erhöhung des Zinses
erforderlich werden könnte. Ein harter
Brexit dürfte die Wirtschaft schwer in
Mitleidenschaft ziehen. reuters

Deutsch sprechen, französisch denken


Der Pariser Finanzminister hat seine Kollegen aus Berlin unterschiedlich lieb


Freie Händler gescheitert


EuGHweist Klage gegen Autohersteller zurück


Der Premierminister verspricht
den Neubau von Wohnungen und
Steuererleichterungen

Es macht mehr Spaß, bilaterale
Initiativen zu entwickeln, als
über Investitionen zu streiten

Zehn Dollar für ein Netz Orangen


oder sieben Dollar für einen


Laib Brot – das ist der Alltag


20 HF2 (^) WIRTSCHAFT Freitag,20. September 2019, Nr. 218 DEFGH
Ein Traum für Reiche:
MulletBay in St. Georges,
Bermuda. Auch deutsche
Geschäftsleute fühlen
sich auf der Insel wohl.
Renee Dill und Angeline
Pitt (von oben) erleben ein
anderes Bermuda.
FOTOS: MARQ RODRIGUEZ
Post erhöht Paketpreise
Airbnb strebt an die Börse
Briten ändern Leitzins nicht
KURZ GEMELDET
Bruno Le Maire macht den Job in Personalunion, Peter Altmaier und Olaf Scholz
teilen sichdie Verantwortung (von links). FOTO: STEPHANE DE SAKUTIN/AFP
Bekanntmachungen
Deutsche
Herzstif tung
Herzinfarkt:
Jede Minute zählt!
sofort


112

http://www.herzstiftung.de


Ihre Anzeige in der SZ.

Wenn es raus muss,
muss es hier rein.
Kindern ein Zuhause geben.
Sieknnen helfen!
http://www.pestalozzi-kinderdorf.de

Nachname Korrektur
Mein Sohn heißt Aarush Dev Vinod.
Passnummer: M6092767.
Nachname war: Balakrishnan Vinod.
Sein korrekter Nachname ist: Vinod.
Mit freundlichen Grüßen,
Bhuvaneshwari Dhandapani

Amtsgericht München, den
111 UR II 56/19 11.09.
Ausschließungsbeschluss
Der Hypothekenbrief über die im Grund-
buch des Amtsgerichts München, Gemar-
kung Gräfelfing, Blatt 5023 und 5104, in
Abteilung III Nr. 1 eingetragene Hypothek
zu 54.600,00 DM, eingetragener Berechtig-
ter: MER Pensionskasse Versicherungsver-
ein aG, Berlin und der Grundschuldbrief
über die im Grundbuch des Amtsgerichts
München, Gemarkung Gräfelfing, Blatt 5023
und 5104, in Abteilung III Nr. 2 eingetragene
Grundschuld zu 10.000 DM, eingetragener
Berechtigter: Touropa GmbH & Co. KG,
München, werden für kraftlos erklärt.

Amtsgericht München, den
111 UR II 201/19 12.09.
Aufgebot
Frau Barbara Emma Glas, Simmernstraße 3,
80804 München hat den Antrag auf Kraft-
loserklärung mehrerer abhanden gekom-
mener Urkunden bei Gericht eingereicht.
Es handelt sich um die Grundschuldbriefe
über die im Grundbuch des Amtsgerichts
München, Gemarkung Schäftlarn, Blatt
1450, in Abteilung III Nr. 9 eingetragene
Grundschuld zu 7.669,38 EUR, eingetrage-
ner Berechtigter: Heimstatt Bausparkasse
AG, München und die Abteilung III Nr. 10
eingetragene Grundschuld zu 9.714,
EUR, eingetragener Berechtigter: Heim-
statt Bauspar AG, München. Der Inhaber
der Grundschuldbriefe wird aufgefordert,
seine Rechte spätestens bis zu dem
13.02.2020 vor dem Amtsgericht München
anzumelden und die Urkunden vorzulegen,
da ansonsten die Kraftloserklärung der
Briefe erfolgen wird.


Verschiedenes
Free download pdf