Süddeutsche Zeitung - 20.09.2019

(Barré) #1

G


leich in der ersten Nacht, nach-
dem die Malizia II Mitte
August in Portsmouth an der
Südküste Englands abgelegt
hatte, um nach New York zu
segeln, tauchten im Vollmond an der Seite
des Schiffes Delfine auf. Wer zur See fährt,
ist in der Regel abergläubisch, und Delfine
gelten als Boten des Glücks. Die Reise der
Malizia IIschien also von Beginn an unter
einem guten Stern zu stehen.
Fünf Menschen waren an Bord: Boris
Herrmann, der Skipper. Er erzählte von
den Delfinen. Pierre Casiraghi, der Co-
Skipper. Nathan Grossman, ein Filme-
macher. Svante Thunberg, ein ehemaliger
Schauspieler aus Schweden. Und Greta
Thunberg, seine 16 Jahre alte Tochter, welt-
berühmte Aktivistin und das Gesicht der
Bewegung „Fridays for Future“, die an je-
dem Freitag auf die Bedrohung des Klima-
wandels hinweist und Schüler in aller Welt
zum Streik aufruft. Nach ihrer Ankunft in
New York erzählte Thunberg, dass sie nicht
einmal seekrank geworden sei.
Für diesen Freitag hat Thunberg zum
globalen Klimastreik aufgerufen. Sie
selbst wird vor dem UN-Hauptquartier in
New York streiken. Mitmachen soll jeder,
nicht nur Schüler, sondern auch Erwachse-
ne. Beim ersten globalen Streik im März
dieses Jahres haben sich laut verschiede-
nen Schätzungen bis zu 1,4 Millionen Schü-
ler in mehr als 2000 Städten beteiligt. Der
Streik an diesem Freitag wird voraussicht-
lich um ein Vielfaches größer. In New York
hat Bürgermeister Bill de Blasio verfügt,
dass sämtliche Schüler unterrichtsfrei be-
kommen, um am Streik teilnehmen zu kön-
nen. Gleiches gilt in vielen anderen Städ-
ten. Auch in Deutschland wird eine
enorme Beteiligung erwartet. Thunberg
schrieb auf Twitter, sie wisse von 4638 Ver-
anstaltungen in 139 Ländern, und es wür-
den beständig mehr. Ganz gleich, wie viele
es am Ende werden: Mehr Menschen sind
noch nie wegen des Klimawandels auf die
Straße gegangen, und das hat viel, wenn
nicht alles mit Greta Thunberg zu tun.
Vielleicht wird man von ihrer Reise über
den Atlantik dereinst als Beginn einer Zei-
tenwende sprechen. Vielleicht wird diese
Reise in der Rückschau als der Moment gel-
ten, der den Kampf gegen den Klima-
wandel unwiderruflich auf die politische
Agenda gesetzt hat. Das ist nicht unbe-
dingt wahrscheinlich, wenn man auf die Be-
harrungskräfte in der Politik blickt, aber
es ist immerhin möglich.


In Europa ist Greta Thunberg seit Länge-
rem ein Phänomen. Ihr Schritt in die USA
erinnert ein bisschen daran, was europäi-
sche Rockbands früher taten, wenn sie
wirklich groß werden wollten: Sie reisten
über den Atlantik und versuchten ihr
Glück in der Neuen Welt. Erst wer Amerika
erobert hatte, spielte in der ersten Liga.
Der Vergleich ist insofern nicht abwegig,
als Thunberg wiederholt als „Rockstar“ be-
zeichnet worden ist, selbst wenn diese ern-
ste, kleine, zerbrechlich wirkende Person
phänotypisch das absolute Gegenteil eines
Rockstars ist. Allerdings nehmen Rock-
stars in der Regel das Flugzeug, während
Thunberg genau das vermeiden wollte, we-
gen der Emissionen. Sie fliegt nicht. Daher
die Fahrt auf just diesem Boot, das in der
Lage dazu ist, emissionsfrei zu reisen.
Ihr erster Termin nach der Ankunft in
New York war der freitägliche Schulstreik.
Vor dem Gebäude der UN erschien sie mit


ihrem mittlerweile zum Symbol geworde-
nen Schild, auf dem „Skolstrejk för Klima-
tet“ steht, Schulstreik fürs Klima, das sie
auf allen Reisen mit sich führt. Sie saß in-
mitten der amerikanischen Aktivisten, die
alle viel lauter waren und fortwährend ir-
gendwas skandierten. Da wirkte sie ein we-
nig verloren, denn das Eindringliche ihres
Protestes erwächst ja aus der ruhigen
Ernsthaftigkeit. Die Zahl der Medienvertre-
ter war fast so groß wie die der Aktivisten,
und wenn man diesen Medienmenschen ei-
ne Weile zuhörte, musste man zu dem
Schluss kommen, dass sie größtenteils für
europäische Arbeitgeber unterwegs wa-
ren. In den amerikanischen Medien wurde
über die Veranstaltung durchaus auch be-
richtet, aber eher nebenbei.
Drei Tage später saß Thunberg mit der
kanadischen Journalistin und Globalisie-
rungskritikerin Naomi Klein auf einer
Bühne im Gebäude der New York Society
for Ethical Culture, westlich des Central
Parks. Das Publikum war größtenteils mit-
telalt, bildungsbürgerlich und freundlich
interessiert. Thunberg erklärte, dass wir in
der größten aller Krisen lebten, und fragte,
warum sie das so deutlich sehen könne,
aber alle anderen nicht. Die Bildungsbür-
ger applaudierten höflich.
Für Small Talk ist Thunberg sonst nicht
zu haben, aber nun berichtete sie von ihrer
Überfahrt und wie es war, sich New York zu
nähern. Als Erstes habe sie diese große
Stadt gerochen, erzählte sie. Wissendes Ge-
lächter im Auditorium. „Natürlich war es
die Verschmutzung“, sagte Thunberg,
„aber immerhin war es nach zwei Wochen
mal wieder ein Geruch.“ Das ist nun nicht
die lustigste Pointe der Welt, aber durch
die trockene Art, auf die Thunberg sie prä-
sentierte, wirkte sie tatsächlich komisch.
Sie erzählte die Episode mit einem Gefühl
für Timing wie ein Stand-up-Comedian.
Das gleiche Gefühl zeigte sie etwas spä-
ter, als sie sagte, dass sie zwar zur Verände-
rung mahne, aber dadurch ja nicht der
Feind der Menschen sei. Pause. „Das hoffe
ich zumindest.“ Erneut nicht die Kracher-
Pointe, aber durch die Art der Darbietung
sehr erheiternd. Es waren die seltenen Mo-
mente, in denen deutlich wurde, dass diese
meist so ernste Frau durchaus einen Sinn
für Humor hat.
Naomi Klein, die sich selbst sehr gerne
reden hört, redete dann auch noch eine
Weile, am Ende ließ sie die Menschen im
Saal skandieren: „We are the fire“ – Wir
sind das Feuer.
Das war eher peinlich, und die blasier-
ten New Yorker machten natürlich nur bes-
tenfalls halbherzig mit. Bei aller Liebe und
bei aller Sorge ums Klima, dies ist immer
noch die Hauptstadt des Zynismus, da
skandiert man eher ungern auf Komman-
do, dass man das Feuer sei. Klein rief am
lautesten, und das Beste an der Begeben-
heit war, neben der lauwarmen Beteili-
gung des Publikums, dass die 16 Jahre alte
Thunberg die 49 Jahre alte Klein mit der
Art von Blick bedachte, mit der Eltern auf
ihr gerade etwas überdrehtes Kind schau-
en. Diese Veranstaltung fand in den Medi-
en so gut wie gar keinen Widerhall.

Zwei Tage später war Thunberg zu Gast
in der Late-Night-Show von Trevor Noah,
und das war dann doch ein anderes Kali-
ber. Klar, im Studio sitzen nur etwa 250 Zu-
schauer, die vor der Show von einem er-
staunlich lustigen Einheizer in Stimmung
gebracht werden, was insofern ganz gut
ist, als Noah nicht der witzigste unter den
Late-Night-Moderatoren ist. Aber vor den
Bildschirmen sitzen im Schnitt 1,3 Millio-
nen Zuschauer, es war Thunbergs bis dato
größter Termin in den USA.

Ihr Auftritt war eine perfekte Mischung
aus der bekannten Ernsthaftigkeit und der
noch recht neuen Lockerheit. Sie erzählte
erneut die Geschichte über New York und
den Geruch, diesmal mit noch besserem Ti-
ming, das Publikum amüsierte sich bes-
tens. Auf den Punkt genau erklärte sie ihr
Anliegen, in einem exzellenten Englisch,
mit breit gefächertem Vokabular. Kein Me-
dien- oder Showprofi hätte das besser ma-
chen können. Wobei: Mittlerweile ist sie ja
genau das, ein Profi.
Jedenfalls wurde in diesem Moment er-
neut klar, wie Thunberg Gesicht und Stim-
me der Bewegung werden konnte. Sie war
nicht gelassen, das nicht, dafür bewegt sie
das Thema zu sehr. Aber sie wirkte auch
nicht eifernd oder getrieben. Sie übermit-
telt ihre Botschaft in großer Ruhe.
Schon als dieMalizia IIsich New York
näherte, hatte sich allerdings erstmals ein
Muster gezeigt, das sich bei den folgenden
Auftritten Thunbergs in den USA wiederho-
len sollte: Gemessen an dem Hype in den
Medien waren vergleichsweise wenige
Menschen am Anleger, um sie zu begrü-
ßen. Von den 250, vielleicht 300 Leuten an
der North Cove Marina an der Südspitze
Manhattans, die Thunbergs Ankunft er-
warteten, schien fast die Hälfte für die Me-
dien zu arbeiten. Der Rest bestand aus ju-

gendlichen Aktivisten und Schaulustigen.
Die Aktivisten stimmten zur Melodie von
„Bruder Jakob“ einen Gesang an: „Welco-
me Greta, welcome Greta, to New York.“
Thunberg verließ das Schiff auf wackli-
gen Beinen. Das ist nicht ungewöhnlich.
Wer jemals längere Zeit auf einem Segel-
schiff verbracht hat, weiß, dass man die
See danach noch tagelang im Körper spürt.
Wenn man sich erstmals wieder auf eine
Kloschüssel setzt, schwankt man darauf
im Rhythmus des Meeres.
Nach den zwei Wochen der relativen Ein-
samkeit des Atlantiks war Thunberg offen-
sichtlich unwohl in Anbetracht des Medien-
aufkommens. Sie grimassierte, sie verlor
den Faden, als sie ein paar Worte sprach,
sie entschuldigte sich: „Mein Gehirn funk-
tioniert nicht richtig“, sagte sie.
Niemandes Gehirn hätte nach dieser Rei-
se funktioniert, schon gar nicht das einer
16 Jahre alten Frau, die das Asperger-Syn-
drom hat, eine milde Form von Autismus,
und die nie zuvor so lange auf See war. Den-
noch meldeten sich auf Twitter und in an-
deren sozialen Medien sofort Menschen zu
Wort, die die Reise als unverantwortlich be-
schrieben, die Thunberg krank nannten
oder sich über die Grimassen belustigten.
Als sie sich von den Strapazen der Reise
erholt hatte, antwortete Thunberg auf
Twitter: „Wenn die Hater sich auf dein Aus-
sehen und dein Anderssein fokussieren,
heißt das, dass sie keinen Ausweg mehr se-
hen. Dann weißt du, dass du gewinnst! Ich
habe Asperger, und das heißt, dass ich
manchmal ein bisschen von der Norm ab-
weiche. Und unter den richtigen Umstän-
den ist Anderssein eine Superkraft.“ In ei-
nem weiteren Tweet schrieb sie: „Bevor ich
mit den Schulstreiks anfing, hatte ich kei-
ne Energie, keine Freunde, und ich habe
mit niemandem gesprochen. Ich habe ein-
fach allein zu Hause gesessen, mit einer
Essstörung. All das ist nun vorbei, weil ich
Sinn gefunden habe in einer Welt, die vie-
len Menschen manchmal so oberflächlich
und sinnlos erscheint.“
Damit warf sie noch einmal ein Schlag-
licht auf einen Aspekt dieser Geschichte,

der ein wenig in den Hintergrund geraten
ist, seit Thunberg weltweit bekannt wurde.
Für sie wurde der Schulstreik auch eine
persönliche Befreiung. Jahrelang litt sie un-
ter Depressionen, sie aß zu wenig, sie ver-
kroch sich zu Hause. Am 20. August des ver-
gangenen Jahres setzte sie sich zum ersten
Mal ins Zentrum Stockholms und streikte,
ganz allein. Ihren Vater hatte sie überredet,
eine Sperrholzplatte im Baumarkt zu be-
sorgen. Auf diese schrieb sie die nun legen-
dären Worte „Skolstrejk för Klimatet“ und
saß fortan an jedem Freitag mit dem Schild
in Stockholm, und wenn diese Geschichte
den normalen, den erwartbaren Fortgang
genommen hätte, dann würde sie da heute
noch sitzen, ohne dass jemand Notiz von
ihr nähme. Doch diese Geschichte nahm
nicht den erwartbaren Fortgang. Nicht nur
sprach Thunberg bald in Rom, in Brüssel,
in London oder in Davos, sie traf nebenbei
auch den Papst und löste eine Bewegung
aus, die sich über den Erdball verbreitete.
Ihr Vater Svante erzählte der SZ im Früh-
jahr, dass seine Tochter nicht wiederzuer-
kennen sei. Noch ein Jahr zuvor hätte sie
nicht auf diesem Platz in Stockholm ste-
hen können, sie hätte Panikattacken ge-
habt, sagte er. Nun, ein weiteres halbes
Jahr später, absolviert sie auf ihrer USA-
Reise einen Auftritt nach dem anderen
Für ihren freitäglichen Streik reiste sie
Ende der vergangenen Woche nach Wa-
shington, wo sich südlich des Weißen Hau-
ses eine Gruppe von Aktivisten eingefun-
den hatte. Wie das in Washington rund
ums Weiße Haus unvermeidbar ist, tauch-
ten bei der Veranstaltung auch allerlei an-
dere Protestler auf. Man trifft dort zu jeder
Tages- und Nachtzeit auf Menschen, die
für oder gegen absolut alles demonstrie-
ren. Dem Schulstreik fürs Klima schlossen
sich also unter anderem an: eine Gruppe,
die dafür demonstrierte, dass Familien zu-
sammengehören, eine weitere Gruppe, die
sich hinter einem Schild mit der Aufschrift
„Don’t worry, eat happy“ (Sorge dich nicht,
iss glücklich“) versammelt hatte, sowie ei-
ne Frau, die ein Schild mit der Aufschrift
„Still ill“ (Immer noch krank) mit sich her-
umtrug. Dass es von der englischen Band
The Smithsein herzzerreißendes Lied ex-
akt dieses Namens gibt, dürfte vermutlich
nicht der Grund für den Protest der Frau ge-
wesen sein.
Zu Beginn der Veranstaltung hielt sich
die Zahl von Aktivisten und Medienvertre-
tern erneut die Waage, es waren ungefähr
200 Menschen da. Später stießen noch et-
wa 150 Jugendliche dazu. Die Medienleute
schienen wieder größtenteils aus Europa
zu kommen, besonders Deutsch hörte man
so häufig, dass man den Eindruck hatte,
sämtliche USA-Korrespondenten aus
Deutschland seien zu diesem Termin abge-
stellt worden.
Wie am Freitag zuvor waren die ameri-
kanischen Aktivisten sehr – nun ja – aktiv.
Sie skandierten ohne Unterlass. Als Beob-
achter aus Deutschland konnte man nicht
anders, als an das Lied „Ich möchte Teil ei-
ner Jugendbewegung sein“ der Hambur-
ger Band Tocotronic zu denken. Darin
heißt es: „Ich möchte Teil einer Jugendbe-

wegung sein / Ich möcht mich auf euch ver-
lassen können / Lärmend mit euch durch
die Straßen rennen /Und jede unserer
Handbewegungen hat einen besonderen
Sinn/ Weil wir eine Bewegung sind.“
Von der Geborgenheit, die es bedeuten
kann, Teil einer solchen Bewegung zu sein,
erzählten einige Aktivisten am vergange-
nen Montag, als Thunberg in Washington
von Amnesty International mit dem
„Ambassador of Conscience Award“ ausge-
zeichnet wurde, dem Preis als Botschafte-
rin des Gewissens. Es ist die höchste Aus-
zeichnung, die Amnesty zu vergeben hat,
zu den früheren Preisträgern gehören zum
Beispiel Nelson Mandela, Václav Havel
oder Joan Baez. Thunberg hatte darauf be-
standen, mit sechs anderen Aktivisten auf
der Bühne zu sitzen und überließ diesen
größtenteils das Wort.
Die 15 Jahre alte Kallan Benson aus Ma-
ryland erzählte, dass sie durch ihr Engage-
ment für das Klima so viele neue Freunde
in aller Welt gefunden habe. Im Frühjahr
hat sie ihre eigene Form des Streiks gefun-
den: Sie hat 90 Tage lang nicht gespro-
chen, und wer sie auf der Bühne des Lisner
Auditorium der George Washington Uni-
versity unablässig reden hörte, der ahnte,
dass das wirklich eine Herausforderung ge-
wesen sein muss. Der zehn Jahre alte
Zayne Cowie aus Brooklyn, der wie Thun-
berg das Asperger-Syndrom hat, mochte
zwar nicht reden, und immer, wenn Ap-
plaus aufbrandete, hielt er sich ver-
schreckt die Ohren zu. Doch es wurde deut-
lich, dass er trotz der Anstrengung, die das
für ihn bedeutete, mit seinen neuen Freun-
den auf der Bühne sitzen wollte. Cowie hat
ein Buch geschrieben. Es heißt „Goodbye
Earth!“, ein Kinderbuch für Erwachsene,
die sich jetzt endlich um den Klimawandel
kümmern sollen. Er ist, wie gesagt, zehn
Jahre alt.

Auch die anderen vier Aktivisten beton-
ten, am meisten bedeute ihnen der Zusam-
menhalt und das Miteinander. Während
sie das sagten, saß Greta Thunberg schwei-
gend daneben. Sie wirkte auf fast unheimli-
che Art ruhig, weise, wie die Mutter der Be-
wegung. Für die meisten der anderen Ju-
gendlichen scheint diese Bewegung zweier-
lei zu sein: zum einen ein tief empfundener
Protest, zum anderen die Chance, Teil ei-
nes größeren Ganzen zu sein.
Da Thunberg nun schon mal in Washing-
ton war, schaute sie auch im Kongress vor-
bei und beschied einem Senatskomitee:
„Erspart uns eure Lobpreisungen. Ladet
uns nicht ein und erzählt uns, wie inspirie-
rend wir sind, um dann nichts zu tun.“ Das
klingt aggressiv, aber wirklich intensiv
wurde es mal wieder, weil Thunberg auch
dies so ruhig vortrug. Der Senator Ed Mar-
key sagte später zu ihr: „Wir brauchen Ihre
Führungskraft.“ Das sagen amerikanische
Senatoren auch nicht alle Tage zu 16 Jahre
alten Teenagern aus Schweden.
Und als wäre es das Normalste der Welt,
stattete Greta Thunberg einem gewissen
Barack Obama auch noch einen Besuch ab.
„Du veränderst die Welt“, rief Obama zur
Begrüßung. Die beiden plauderten eine
Weile, schließlich brachte Obama ihr den
Fist Bump bei, den Faustgruß, und dabei
wirkte sie nun doch beinahe – ja, fast läs-
sig. „Du und ich, wir sind ein Team“, sagte
Obama. Was antwortet man, wenn der ehe-
malige Präsident der USA so etwas sagt?
Thunberg sagte, als habe Obama nur
das Offensichtliche ausgesprochen: „Ja.“

DEFGH Nr. 218, Freitag, 20. September 2019 (^) DIE SEITE DREI HF3 3
Immer mit der Ruhe
In den USA stürzt sich vor allem die Prominenz auf Greta Thunberg.
Sie reagiert wie gehabt reserviert. Von der Stärke der Stille
von christian zaschke
Amerikanische Aktivisten vor dem Sitz der Vereinten Nationen in New York. Mittendrin Greta Thunberg mit ihrem Schild, das sie überall auf der Welt dabeihat. FOTO:SPENCER PLATT / AFP
„Du veränderst die Welt“, sagt Barack Obama zu Greta Thunberg. FOTO:AFP
Esist ein bisschen so wie bei
Rockbands, wer Amerika erobert,
hat es eigentlich geschafft
Vor dem Weißen Haus streiken
immer irgendwelche Leute für
irgendwas – jetzt halt fürs Klima
Im Kongress sagte sie: „Erzählt
uns nicht, wie inspirierend
wir sind, um dann nichts zu tun.“

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