Süddeutsche Zeitung - 20.09.2019

(Barré) #1
Moosach– Esist dies die Geschichte eines
von Verzweiflung und Rachegelüsten ge-
triebenen Ehemanns, in dessen Leben ur-
plötzlich nichts mehr so ist, wie es war, der
in ein dunkles Loch fällt und sich einer Ra-
che hingibt, die ihn selbst zu zerstören
droht. Orientierung und Ruhe bietet ihm
einzig noch sein Rosengarten. Die Licht-
bühne München bringt die Theateradapti-
on von Bernhard Ganters Roman „Das Jahr
der Rosen“ am Freitag und Samstag,


  1. und 21. September, erneut auf die Büh-
    ne. Zu sehen ist das Stück jeweils um
    20 Uhr im Kunsttreff des Kunstrefugiums
    an der Donauwörther Straße 51. Die Rolle
    des Buchhalters Florian Becker hat Guido
    Verstegen inne, der die Lichtbühne im Juli
    vor zehn Jahren gegründet hat. Regie führt
    Maximilian Sachsse. Uraufführung hatte
    die Produktion vor sechs Jahren im Ratio-
    naltheater, zuletzt wurde sie 2015 in der Pa-
    singer Fabrik gezeigt. Die Karten kosten
    15 Euro, ermäßig elf. Reservierungen sind
    unter Telefon 0176/45 10 36 21 oder per
    E-Mail an [email protected] mög-
    lich. anna


von ellen draxel

Neuaubing– DerOrt liegt versteckt in ei-
ner Seitengasse. Zu finden ist er nur, wenn
man die genaue Adresse kennt. Viele Nach-
barn wissen bislang gar nicht, dass es ihn
gibt. Dabei umgeben ihn Wohnblöcke und
eine Freizeiteinrichtung für Kinder und Ju-
gendliche.
Das Gelände an der Ehrenbürgstraße 9
ist etwas Besonderes. Die kleine Baracken-
siedlung mit ihren acht Gebäuden um ei-
nen großen, inzwischen bewachsenen Hof
ist eine kreative Oase für Künstler und
Handwerker, aber auch ein historisch be-
deutsamer Ort, der nun erfahrbar gemacht
werden soll. Ziel ist es, das Areal mit Rück-
sicht auf die Nutzer als Dependance des NS-
Dokumentationszentrums zum Lern- und
Erinnerungsort auszubauen.

Denn das Gelände an der Grenze zum
neu entstehenden Stadtteil Freiham beher-
bergt, außer einem weiteren Lager in Ber-
lin-Schöneweide, die einzige in Deutsch-
land vollständig erhaltene Anlage der
reichsweit mehr als 30 000 NS-Zwangsar-
beiterlager während des Zweiten Welt-
kriegs. 13 Millionen ausländische Arbeits-
kräfte verschleppten die Nationalsozialis-
ten gewaltsam aus ihren Heimatorten, al-
lein in München waren zwischen 150 000
und 200 000 zivile Zwangsarbeiter, Kriegs-
gefangene sowie KZ-Häftlinge in mehr als
550 Lagern oder Sammelunterkünften un-
tergebracht. Wie der Alltag in einer sol-
chen Zwangsarbeiter-Unterkunft Besu-
chern lebendig vermittelt werden kann,
hat ein Bürger-Workshop auszuloten ver-
sucht – bei einem Abend mit einer besonde-
ren Atmosphäre, und das nicht bloß, weil
die Wortmeldungen unmittelbar in karikie-
rende Zeichnungen von Johanna Benz und
Tiziana Beck einflossen.
„Wir wollen keine strikte Trennung zwi-
schen Historie und heutiger Nutzung, kei-
ne neue Grenzziehung“, betonte Paul-Mo-
ritz Rabe vom NS-Dokuzentrum bei dem
Werkstattgespräch. „Die Würde dieses Or-
tes muss bewahrt werden, darunter verste-
hen wir aber keine Abschottung, im Gegen-
teil: Es soll dort lebendig und kreativ zuge-
hen und auch mal laut sein dürfen.“ Nach-
barn sind deshalb eingeladen, durch das
Areal zu spazieren, Kommunikation mit
Bewohnern aus dem Viertel ist ausdrück-
lich erwünscht. Erinnerungsarbeit, so der
Projektleiter, müsse „neue Wege ohne
Scheuklappen gehen und stets am Puls der
Zeit bleiben“. Nur dann wirke sie in die Zu-
kunft.
Für die knapp 40 Teilnehmer des Bür-
ger-Workshops bedeutet das in erster Li-
nie den Erhalt der in den vergangenen
30 Jahren gewachsenen Situation und den
Verbleib der Künstler auf dem Gelände. Zu
viel pädagogische Führung bei der Erkun-
dung der Geschichte des Ortes, zu viel
Mahnmal wollen sie nicht, eher eine zu-
rückhaltende historische Bildsprache und
eine flexible Nutzung. Wie aber soll solch
ein lebendiger, denkmalgeschützter Erin-
nerungsort im Detail am besten gestaltet
werden? Zumindest was die baulichen Vor-
aussetzungen anbelangt, differieren die
Meinungen der Workshop-Teilnehmer.
Während Uli Walter vom Bayerischen Lan-
desamt für Denkmalpflege dafür plädiert,
dem pflanzlichen Wildwuchs zugunsten ei-
ner freien Sichtbeziehung sofort zu Leibe
zu rücken und auf lange Sicht auch die Bäu-
me nicht mehr zu ersetzen – denn den
Denkmalwert des Ortes mache schließlich
das „gefasste Lager um einen großen
Platz“ aus –, betonen Kunst- und Kultur-
schaffende sowie viele Anwohner den
Charme der Transformation, den es zu er-
halten gelte. Nach dem Motto: Weg von der
Zwangsarbeit hin zur Freiheit der Kunst.
Den Künstlern und Handwerkern ist es zu

verdanken, dass die Baracken heute über-
haupt noch existieren. Im Zentrum zwi-
schen der Bodenseestraße, den Hochhäu-
sern von Neuaubing und dem Quartier Frei-
ham haben sie in Jahrzehnten eine symbio-
tische Gemeinschaft aufgebaut. Eine
schöpferische Welt, in der Skulpturen die
Wege säumen, Plastiken die Hauswände
zieren und die Natur vielerorts noch wu-
chern darf. Die historische Bedeutung ha-
ben sie dabei nie vergessen: Regelmäßig
finden Erzählkunst-Abende statt, es gab ei-
ne Nacht des Erinnerns mit Lesungen aus
Zeitzeugentexten, zahlreiche Kunstwerke
erinnern an die Vergangenheit.
Vorstellen können sich alle Workshop-
Teilnehmer auf jeden Fall eine Art grünes
Klassenzimmer mit Sitzgelegenheiten
zum Verweilen im Innern des Areals sowie
einen Platz der Stille als Gedenkort. Denk-
bar erscheint außerdem, die Baracke 9,
von der nur noch die Grundmauern ste-
hen, wieder aufzubauen und sie der Kin-
der- und Jugendfarm zur Verfügung zu

stellen. Die Erinnerung beleben könnten
Kunstpavillons und Ausstellungsflächen
rund um die Baracke 5, auch das Sichtbar-
machen des Lagers mittels virtueller Reali-
tät kam als Idee auf. Begegnungen wären
möglich bei Festen, Flohmärkten, in einem
Café oder auch zu den offenen Atelierta-
gen, wie sie die Künstler jedes Jahr anbie-
ten, heuer von Freitag bis Sonntag, 20. bis


  1. September. Keiner der Teilnehmer will
    eine traurige Umgebung: Das entwürdigen-
    de Leben der bis zu Tausend Menschen,
    die während der NS-Herrschaft im Reichs-
    bahnausbesserungswerk Dienst tun muss-


ten, darunter das zahlreicher Kinder und
Jugendlicher, soll zwar vermittelt wer-
den – aber ebenso die spätere Metamor-
phose der Ehrenbürgstraße 9.
Dass das Interesse an dem Thema trotz
oder gerade wegen zunehmend rechtspo-
pulistischer Tendenzen in der Politik im-
mer mehr steigt, sei, bestätigte Mirjam Za-
doff beim Resümee des Workshops, auch
im NS-Dokuzentrum zu spüren. „Die Leu-
te wollen wissen, warum Demokratien ster-
ben und wie Diktaturen entstehen“, erklär-
te die Direktorin. Neuaubing sei insofern
„ein sehr wichtiger und besonderer Ort,
um das zentrale Thema Zwangsarbeit sicht-
bar zu machen“. Weil das ehemalige Lager
noch so komplex erhalten ist. Aber ebenso,
weil der Ort die Wende schaffte, stets be-
lebt war und das auch künftig so bleiben
soll. Bis das Gelände fertig umgestaltet ist,
wird es allerdings noch einige Zeit dauern.
Kerstin Oertel aus dem Planungsreferat
hofft, im kommenden Jahr bereits einen
ersten Vorschlag unterbreiten zu können.

Allach/Untermenzing– Erist ein Dauer-
thema – der Schwerlastverkehr durch die
engen Straßen der Angerlohe. Seit zehn
Jahren versuche man, die schweren Last-
wagen zu den Betrieben östlich der Bahnli-
nie herauszuhalten, doch immer wieder
verirrten sich große Laster und Sattel-
schlepper in die Angerlohstraße, sagte Grü-
nen-Sprecher Falk Lamkewitz. Die Grü-
nen haben das Thema erneut in einem An-
trag an den örtlichen Bezirksausschuss auf-
gegriffen.
Darin fordern sie die Landeshauptstadt
München auf, an die Unternehmen heran-
zutreten und diese zu bitten, künftig nur
noch die Lieferanschrift „Ludwigsfelder
Straße“ mit bestimmten Navigationsdaten
oder einer geeigneten Hausnummer auf ih-
ren Warenbestellungen anzugeben. Die
Grünen haben dazu sogar die Navigations-
koordinaten herausgesucht. Zusätzlich
sollten Hinweisschilder „Wareneingang
Krauss-Maffei“, Siemens und so fort ange-
bracht werden, die den von der Autobahn
A 99, A 8 und Eversbuschstraße kommen-
den Lkw-Lieferverkehr zur Ludwigsfelder
Straße leiten.
Fehlgeleitete Lkw verursachten immer
wieder ein Verkehrschaos, begründen die
Grünen ihren Vorstoß. Ein von Anwohnern
seit Langem gefordertes Lkw-Durchfahr-
verbot sei bis dato immer abgelehnt wor-
den. Erschwerend komme hinzu, dass in
der sehr schmalen Angerlohstraße eine
Buslinie verkehre, die immer wieder blo-
ckiert werde, da zwei Fahrzeuge nicht an-
einander vorbeikämen. Die Folge seien
Rangiermanöver, oftmals über den Geh-
weg, wobei die großen Fahrzeuge zum Teil
lange Strecken rückwärts zurücklegen
müssen.
Pascal Fuckerieder (SPD), Vorsitzender
des Unterausschusses Verkehr, gab zu be-
denken, dass es für Lkw-Fahrer keine Ver-
pflichtung gebe, genau diese Adressen
auch zu nutzen. Das Kreisverwaltungsrefe-
rat habe ein Lkw-Fahrverbot stets abge-
lehnt, weil es keine Gefährdungslage sehe.
„Vielleicht könnten wir mit Fotos dagegen-
halten und eventuell die Straße sperren las-
sen“, schlug er vor. Eine andere Möglich-
keit wäre, das Stück Straße, das von der
Ludwigsfelder Straße aus zu Krauss-Maf-
fei führe, von einer bisherigen Privatstra-
ße in eine öffentliche Straße umwidmen zu
lassen. Denn Privatstraßen stünden nicht
im Navi. Laut der CSU-Stadträtin und Gre-
miumsvorsitzenden Heike Kainz habe die
Stadt das schon einmal versprochen. Sie
müsste Krauss-Maffei dazu die Straße ab-
kaufen. „Wir sollten das noch mal unter-
stützen.“ Der Grünen-Antrag passierte das
Gremium einstimmig. anna

Pasing– Ihr Verschwinden lässt sich noch
genau datieren. Im Jahr 2007, als man das
Jubiläum „100 Jahre Pasinger Viktualien-
markt“ feierte, wurden Buchstaben auf
dem Dach über dem Eingang zum Markt-
hof an der Bäckerstraße entfernt, um sie
zum Jubiläum frisch restauriert wieder an-
zubringen. Seither aber waren sie ver-
schwunden. Nun, da die Komplett-Sanie-
rung des Pasinger Viktualienmarkts an-
steht, wurde auch die Frage nach dem Ver-
bleib der historischen Lettern dringlicher.
Die CSU-Fraktion im Bezirksausschuss Pa-
sing-Obermenzing hatte bereits vor zwei
Jahren beantragt, den Schriftzug „Pasin-
ger Viktualienmarkt“ wieder anzubringen.
Wie die zum Kommunalreferat gehören-
den zuständigen Markthallen München
jetzt bekanntgaben, sind die Buchstaben
zwar bis heute nicht wieder aufgetaucht.
Doch werde man ein originalgetreues Re-
plikat des Schriftzugs anfertigen lassen,
das nach der vollständigen Sanierung des
Pasinger Viktualienmarktes am Dach zum
Markteingang montiert wird. Es schon heu-
te, also vor der Sanierung anzubringen, sei
indes nicht sinnvoll. Dies könnte zu weite-
ren Beschädigungen des vermutlich nicht
ausreichend statisch ertüchtigten Daches
führen. czg


Milbertshofen– Unter dem Motto „Fit wie
die Bundespolizei 2.0“ finden am Freitag,



  1. September, jeweils von 14 bis 15 Uhr
    und von 16 bis 17 Uhr auf der Halbinsel im
    Münchner Olympiapark zwei Workouts
    mit der Bundespolizei statt. Die Teilneh-
    mer können gegeneinander antreten, als
    Preis erhält der Gewinner einen Fitness-
    Tracker. Zwischendurch sorgt das „Smoo-
    velo-Fahrrad“, mit dem die Sportskano-
    nen ohne Strom und nur durch den Tritt in
    die Pedale ihre eigene Vitaminbombe her-
    stellen können. Weitere Kollegen beant-
    worten während des Events alle Fragen
    rund um Ausbildung und Karrieremöglich-
    keiten bei der Bundespolizei. Die Teilnah-
    me ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht
    erforderlich. croc


Moosach– Mit Finest Gypsy Jazz nimmt
der Kulturverein „Die Linie 1“ an diesem
Freitag, 20. September, nach der Sommer-
pause wieder Fahrt auf. DasJermaine-
Landsberger-Trioverbindet europäischen
Gypsy-Swing mit amerikanischem Jazz.
Zu hören sind Songs von Django Rein-
hardt, französische Musettes und Eigen-
kompositionen, die vom Style desHot Club
de Francebis hin zum Hardbop reichen.
Mit auf der Bühne neben dem Pianisten
und Bandleader Landsberger stehen San-
dro Roy, einer der vielversprechendsten
jungen Jazzviolinisten, Joel Locher (Bass)
und Matthias Gmelin (Drums). Beginn ist
um 20 Uhr im Pelkovenschlössl am Moosa-
cher Sankt-Martins-Platz 2. Der Eintritt
kostet 22 Euro, ermäßigt 20 Euro. Karten
gibt es bei Robra-Optik, Pelkovenstra-
ße 59, in der Pelkoven-Apotheke, Bunzlau-
er Straße 15, oder im Internet unter
http://www.dielinie1.de. anna


Johanna Benz und Tiziana
Beck von graphic recording
cool haben die Wortbeiträge
und Ideen beim Workshop
über die Zukunft an der
Ehrenbürgstraße live
gezeichnet und damit die
Diskussion illustriert.
FOTOS: GRAPHIC RECORDING COOL/OH

Rachegelüste


im Rosengarten


Ort der Verwandlung


In denBaracken an der Ehrenbürgstraße 9 arbeiten Künstler und Handwerker. Als einstiges Lager für
Zwangsarbeiter soll es aber auch eine Erinnerungskultur geben. Ideen dazu sammelte ein Bürger-Workshop

Markthof erhält


wieder Schriftzug


Vitaminbomben


per Velo


Begegnung


mit Django


Das NS-Dokuzentrum will keine
strikte Trennung zwischen
Historie und heutiger Nutzung

Sattelschlepper


auf Irrfahrt


Der Schwerlastverkehr verstopft
zunehmend die Angerlohe

NORDEN UND WESTEN


R8 PGS (^) STADTVIERTEL Freitag,20. September 2019, Nr. 218 DEFGH


Urlaubsservice für SZ-Abonnenten

Jetzt mitmachen und Wellnessurlaub im Hotel Hochschober in Kärnten gewinnen!


Stellen Sie während Ihres Urlaubs die Süddeutsche Zeitung der Aktion „SZ-Abonnenten helfen“ zur Verfügung.
Sie unterstützen damit die Lieferung der SZ an ausgewählte Empfänger wie Schulprojekte, caritative Einrichtungen und Vereine.
Jetzt mitmachen! Gewinnen Sie eine Woche Wellnessurlaub im 4*S-Hotel Hochschober auf der Turracher Höhe in Kärnten!
Genießen Sie einen einwöchigen Wellnessurlaub im 4*S-Hotel Hochschober auf der Turracher Höhe (1763 Meter) – wohlfühlen, verwöhnt werden, aktiv sein.
Ihr exklusiver Gewinn für zwei Personen enthält u.a.: 5-gängiges Wahlmenü am Abend (alles auch vegan), Benützung aller Hoteleinrichtungen mit 5.000 m²
großem Wellnessbereich, täglich wechselnde Programm-Extras, 50-minütige Hamam-Waschung.
Mehr Informationen und Impressionen unter hochschober.com

Gutes tun

und^
gewinnen!

Teilnahmebedingungen und Informationen zum Datenschutz finden Sie unter sz.de/teilnahmebedingungen. Ein Gewinnspiel der Süddeutsche Zeitung GmbH · Hultschiner Str. 8 · 81677 München

Jetzt einloggen und gewinnen:

sz.de/urlaub
Free download pdf