Samstag, 21. September 2019 INTERNATIONAL
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Der «Napoleon Zentralafrikas»
Jean-Bedel Bokassa gehört zu de n absonderlichsten po litischen Führern in der Geschichte Afrikas – vor vierzig Jahren wurde er gestürzt
FABIAN URECH
Ein Mann mit meterlangem Purpur-
mantel, der sich mit irritierender Selbst-
verständlichkeit zum Kaiser krönt. Ein
tonnenschwerer goldener Thron in
Adlerform, der jenem Napoleons nach-
empfunden sein soll. Eine brav applau-
dierendeFestgemeinde, die in der gros-
sen Hallemit bestemWein und Cham-
pagner versorgt wird. Und das alles in
einem der ärmstenLänder derWelt. Es
waren groteske Bilder, die 1977 ausBan-
gui, der beschaulichen zentralafrikani-
schen Hauptstadt, in dieWelt gesendet
wurden. DieKaiserkrönung vonJean-
Bedel Bokassa, dem Präsidenten der
noch jungen Republik Zentralafrika,
markiert eines der bizarrsten Ereignisse
in der nachkolonialen Geschichte des
Kontinents. Die pompöse Zeremonie,
dieübereinVierteldesjährlichenStaats-
budgetsverschlungenhabensoll,warder
Höhepunkt in der Karriere eines Man-
nes, der als grausamer, grössenwahnsin-
niger und schwerreicherTyrann in Erin-
nerung bleibt. ZweiJahrespäter, in der
Nachtaufde n21.September1979,wurde
Bokassa mithilfe der ehemaligenKolo-
nialmachtFrankreich gestürzt.
Marschall, Kaiser, Apostel
1966 im Alter von 45Jahren durch einen
Militärputsch an die Macht gekommen,
entwickelte sich der aus einem kleinen
Dorf und bescheidenenVerhältnissen
stammende Bokassa zu einem Präsiden-
ten,der bald wie eine Karikatur eines afri-
kanischen Despoten wirkte.Sein Grös-
senwahnsinn hatte sich früh angekündigt.
1972 hatte sich Bokassa zum «Präsidenten
auf Lebenszeit» ernannt, vierJahre spä-
ter zum «Marschall». Er hatte den Staats-
namen in «Zentralafrikanisches Kaiser-
reich» geändert und sich insgesamt 32 na-
tionaleOrdenverliehen.Bereits1970hatte
er behauptet,Papst Paul VI. habe ihn bei
einem Staatsbesuch persönlich zum drei-
zehnten ApostelJesu Christi geweiht. Er
liess sich mit «Majesté impérial» anspre-
chenundsahsichbaldnichtmehralsPräsi-
dent, sondern als unersetzlicherVater der
Nation – und als Gesandter Gottes.
Bokassa herrschte wie ein absolu-
tistischerFürst, mit totalem Macht-
anspruch,keinen Widerspruch duldend.
Wer sich ihm entgegenstellte, wurde im
bestenFall – wie rund die Hälfte seiner
Minister – ins Gefängnis geworfen. Im
schlechterenFall sollen die Kritiker im
Berengo-Palast,der luxuriösenResidenz
Bokassas ausserhalbBanguis, wahlweise
den Löwen oder den Krokodilen verfüt-
ter t worden sein.
Es waren solche Grausamkeiten – ge-
paart mit dem beispiellosen Drang zur
Selbstverherrlichung –, die Bokassa zu
einem besonders üblen Despoten mach-
ten. Und die ihnauch international bald
ins mediale Scheinwerferlicht rückten.
Andere seiner Eigenschaften waren da-
mals in den politischenFührungszirkeln
vieler afrikanischerLänder weit ver-
breitet – und bleiben es mancherorts bis
heute. Dazu gehörte die Praxis, die poli-
tische Macht zur skrupellosen Selbst-
bereicherung zu missbrauchen. Bokassa
liess sich in seiner HeimatPaläste im
Stile vonVersailles bauen, fuhr teure
Autos und liebte gutenWhisky. In der
Schweiz undFrankreich besass er insge-
samt rund einDutzend Anwesen. Seine
Bürger lebten derweil in miserablen
Hütten von der Hand in den Mund.Von
den reichenRohstoffvorkommen, unter
anderem Diamanten und Gold, profi-
tierte einzig die schmale politische Elite.
«Frankreichs bester Freund»
All seine Handlungen waren getrieben
vom Ziel,seine Machtfülle zuvergrös-
sern. Ein eigentliches politisches Pro-
gramm verfolgte er nicht, oder dann in
derart erratischer Art undWeise,dass
jedwedesVersprechenzurhohlenPhrase
verkam.Einmalverkündeteer,dieBour-
geoisie abschaffen zu wollen, ein ande-
res Mal,sein Land zur «Schweiz Afri-
kas»zutransformieren.Seineinternatio-
nalen Verbündeten wechselten ständig:
mal Russland, mal China, mal Libyen.
Einmalkonvertierte er gar zum Islam,
kündigte eine islamischeRepublik an
–wechselte dann aber nur drei Monate
später zur katholischen Kirche zurück.
EineKonstante gab es jedoch in
BokassasLeben: seine Beziehung zu
Frankreich.In jungenJahren trat er der
Armee der damaligenKolonialherren
bei,brachteesbiszumOberbefehlshaber
underhieltdiefranzösischeStaatsbürger-
schaft.Auch als Präsident unterhielt er
gute Beziehungen nachParis. Es war
Bok assas eigenwilligeFaszination für
Napoleon, die zur Idee führte, sich wie
seinVorbildselbstzumKaiserzukrönen.
Auch im Elysée hielt man lange zu dem
Mann,der einst mit demVerdikt «dumm,
abertapfer»ausderfranzösischenArmee
entlassen worden war. Präsident Giscard
d’Estaing ging mit Bokassa auf dieJagd
und bezeichnete ihn als «bestenFreund
Frankreichs». Zudem wurde die zentral-
afrikanischeRegierung mit erheblichen
«Entwicklungsgeldern» alimentiert.Das
hatte vor allem wirtschaftliche Gründe:
Frankreich wollte weiter von denrei-
chenRohstoffvorkommen der ehemali-
gen Kolonie profitieren. Und genau dies
schien Bokassa sicherzustellen.
Erst als er wegen seiner immer deut-
licher hervortretenden Grausamkeiten
Ende der1970erJahre alsVerbünde-
ter untragbar wurde, liess Paris seinen
«ami» im Herzen Afrikas fallen.Wäh-
rendBokassainLibyenaufStaatsbesuch
weilte, landeten inBangui französische
Elitetruppen und brachtenDavid Da-
cko, BokassasVorgänger, wieder an die
Macht.Der Kaiser wurde gestürzt,ohne
dass auch nur ein Schuss gefallen wäre.
ObwohldieMeldungvonBokassasSturz
in Zentralafrika mitFreude aufgenom-
men wurde, verbesserte sich die Situa-
tion für die Bevölkerung nicht.
Der selbsternannte Kaiser starb 1996
imAltervon75JahrenaneinemHerzver-
sagen.ErwarnachlängerenAufenthalten
in Côte d’Ivoire undFrankreich imJahr
1986 nach Zentralafrika zurückgekehrt,
wo er für seineTaten verurteilt wurde.
Reue zeigte er bis zum Schlusskeine.
Als er1993 vorzeitig aus der Haft entlas-
sen wurde, sagte er in einem Interview:
«ZwischenmirundNapoleongibtesviele
Gemeinsamkeiten.IchhabemeineSache
Jean-Bedel Bokassa wie er gemacht: auf grosser Stufe.»
FrühererPräsident der
GETTY Republik Zentralafrika
Zwei Drittel der Einwohner leben in Armut
urf.·Die Geschichte derRepublik Zen-
tralafrika seit dem Sturz Bokassas vor
vierzigJahren ist geprägt durch mehrere
Coups, eine stagnierendeWirtschaft und
eine sich zunehmend verschlechternde
Sicherheitslage. Seit Ende 2012 herr-
schen in weitenTeilen desLandes bür-
gerkriegsähnliche Zustände. Die Kon-
fliktlinienverlaufen entlang derKon-
fessionen und Ethnien, imKern geht es
aber oft um dieKontrolle über dierei-
chen Bodenschätze desLandes.
Über eine Million der rund vier Mil-
lionen Einwohner sind auf der Flucht,
zwei Drittel leben in extremer Armut.
Die Staatsmacht von PräsidentFaus-
tin ArchangeTouadéra, seit 2016 an der
Macht,beschränkt sich praktisch auf die
HauptstadtBangui. Auf dem Uno-Index
der menschlichen Entwicklung belegt
Zentralafrika den zweitletzten Platz,
die Lebenserwartung ist die tiefste der
Welt, Hunderttausende von Menschen
sind auf humanitäre Hilfeangewiesen.
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