hebt in gespieltem Entsetzen die Hände über den Kopf, doch sie ist
tatsächlich aufgewühlt. Marella wirft ihr einen beschützenden Blick zu, den
Ilaria gar nicht an ihr kennt, und tätschelt ihr dann leicht das Bein.
»Für heute reicht das wohl an Neuigkeiten. Außerdem will ich wie gesagt
nicht diejenige sein, die dir bestimmte Dinge erzählt. Geh in die Bibliothek
und suche den Namen deines Vaters in den Karteikästen, dann findest du ihn.
Es ist ganz einfach. Man muss nur suchen.«
Selbst Roms Möwen, die vor nichts Angst haben und sogar Krähen und
Tauben misshandeln, wirken heute eingeschüchtert. Denn die gesamte
Klangweite ihres Himmels wird den Tag über beherrscht vom Rotorenlärm
der Hubschrauber.
Der Junge hasst diesen Kriegslärm. Er erinnert ihn an manipulierte
Wahlen, an Miliz, die auf wehrlose Demonstranten schießt. An das Blut auf
den Straßen seiner Stadt. An einen Mann, der an Hand- und Fußgelenken
gefesselt tagelang in der Sonne auf dem Bauch liegt, auf einer Insel mitten im
Roten Meer. Elicotero.
»Fliesenbruder Tesfalem, mein Freund, ich wünsche dir von ganzem
Herzen, dass du schon tot bist.«
Attilio sitzt am Computer. Er weiß nicht, wann er wieder an Bord seiner
Chance stehen wird, also kann er die Zeit auch für Archivarbeit nutzen. Er
hat begonnen, die Bilder auf seiner Festplatte zu sortieren: die angefressene
Schwanzflosse eines alten Pottwals, der kleine Geysir mitten auf dem flachen
Meer, den ein Blauwal ausstößt, über das Wasser springende Delfine im
winterlichen Sonnenaufgang.
»Ich habe sie gesehen«, sagt der Junge.
Attilio dreht sich ruckartig zu ihm um, er hatte sein Hereinkommen nicht
bemerkt. Das ist ihm unangenehm.
»Wen hast du gesehen?«
»Die da.« Der Junge zeigt auf den Bildschirm.
»In Äthiopien gibt es Delfine?«
Der Junge lässt nicht erkennen, ob er Attilios Sarkasmus bemerkt.
»In Äthiopien gibt es kein Meer«, erwidert er. »Warte.«
Er wühlt in seiner Tasche, zieht ein altes Handy hervor. Seine Plastikhülle
ist zerkratzt, die Zahlen auf den Tasten abgegriffen und kaum mehr zu
erkennen. Es stammt aus der Ära vor der Erfindung des Touchscreens, als