Alle ausser mir

wichtigen Geräten und modernsten diagnostischen Instrumenten, mit
Abteilungen für die allgemeine medizinische Versorgung, Chirurgie,
Geburtshilfe, Radiologie und den dazugehörigen Laboreinrichtungen.
Dieses Projekt stellte der Minister für Arbeit und Soziales, Berhanu
Bayeh, vor, einer der fünf mächtigsten Männer Äthiopiens. Wenige Monate
zuvor hatte der Minister bei einer ähnlichen Zusammenkunft, nur mit den
Amerikanern, lauthals geschrien, die Hände zum Himmel gehoben und
behauptet, die Vereinigten Staaten seien schuld an dem Hunger in Äthiopien:
Ihre Hilfsverweigerung sei der wahre Grund für die Tragödie. Dies hatten die
Geldgeber aus Washington, die gekommen waren, um über die Verteilung
von Tausenden Tonnen Nahrungsmittel zu sprechen, nicht gut aufgenommen.
Heute hingegen wandte sich der Minister mit Worten der Freundschaft, der
Wertschätzung und der Zusammenarbeit an seine italienischen Freunde.
Als sie an der Reihe waren, erklomm Edoardo Casati die Rednertribüne,
in seinem tadellosen weißen Schurwollanzug, im Gesicht keine Spur von
Müdigkeit oder Anstrengung von der ungewohnten Höhe. Eloquent entwarf
er das Bild einer positiven Rolle, die Italien in Ländern wie Äthiopien spielen
wolle, die so dringend auf Hilfe angewiesen waren.
»Die ganze Welt blickt mit Bewunderung auf das Projekt, das wir hier
gemeinsam auf den Weg bringen wollen. Italiens Präsenz wird unter anderem
die wertvollen logistischen Voraussetzungen schaffen, die der neu
angesiedelten Bevölkerung eine Steigerung ihrer Lebensqualität garantieren.«
Diese Rede hatte er Wort für Wort aus dem Bericht kopiert, der seinem
Antrag auf staatliche Fördermittel beigelegen hatte, nur dass er den
darauffolgenden Absatz wegließ, um die Hausherren nicht zu düpieren: »In
sozialpolitischer Hinsicht wird hierdurch ein bedeutender Bezugspunkt in
einem Land geschaffen, dessen Bevölkerung permanente Unterstützung jeder
Art und jegliche Form von Schutz benötigt, sei es in physischer, psychischer
oder moralischer Hinsicht.«
Während die Delegierten ihre Reden hielten, ließ Attilio unauffällig
seinen Blick schweifen. Er musterte die im Saal Anwesenden. Wer von den
Uniformierten mit den verschiedenen militärischen Dienstgraden konnte ihm
wohl helfen? Der General mit dem Rangabzeichen der Luftwaffe mit der
überdimensionierten Brille im kinnlosen Gesicht? Der Minister dort für keine
Ahnung was, der sich ständig Notizen machte und dabei den Zettel
kurzsichtig vor seine Nase hielt? Der mächtige Minister, der den Italienern