Regimes. Die Geschichte der drei Derg-Minister, die sich vor ihrem Prozess
wegen begangener Massaker in die italienische Botschaft in Addis Abeba
flüchteten, erzählte niemand. Attilio Profeti hörte durch Carbone davon. Der
alte Kriegskamerad hatte noch viele Freunde in Äthiopien, die ihn mit
Nachrichten versorgten, und er rief extra aus Benevento an. So erfuhr Attilio,
dass einer der drei Minister eben jener gewesen war, der ein paar Reisepässe
und einen Häftling gegen einen Haufen Jetons getauscht hatte: Berhanu
Bayeh.
»Warum in die italienische Botschaft?«, fragte Attilio.
»Die offizielle Version lautet, dass niemand sonst sie aufgenommen hat.«
»Und die inoffizielle?«
»Dass dies der Dank ist für die großzügige Unterstützung, die der Derg
unseren Unternehmen gewährt hat.«
Attilio hob den Blick an die Decke, den Hörer fest zwischen Ohr und
Schulter. Er sagte lange nichts.
»Glaubst du mir nicht?«, fragte Carbone.
»Nein. Also doch. Bestimmt ist das der Grund. Dankbarkeit.«
Als er auflegte, starrte Attilio lange blicklos auf das Telefon. Er dachte an
Edoardo Casati, der nicht an Dankbarkeit glaubte. Und wie unangenehm es
tatsächlich gewesen wäre, wenn die drei Minister vor Gericht Einzelheiten
über die italienisch-äthiopische Zusammenarbeit ausgebreitet hätten.
Berhanu Bayeh sollte die Botschaft nie mehr verlassen. Die drei Minister
wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Die Regierung in Addis Abeba
verlangte mehrmals ihre Auslieferung, die jedoch aus humanitären Gründen
verweigert wurde: Die italienische Verfassung verbietet die Auslieferung von
zum Tode verurteilten Personen.
berli17
jeff_l
(Jeff_L)
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