Alle ausser mir

(Jeff_L) #1

beugt. Dann beginnt sie zu lesen.


Wenn man über die endlosen Zivilisierungsversuche der Europäer in
Afrika nachdenkt, wenn man an die Millionen Neger denkt, die nach
Amerika verbracht wurden und beinah keine der kulturellen
Merkmale angenommen haben, mit denen sie in Kontakt kamen, ist
man fast geneigt zu glauben, dass die afrikanischen Völker mit dem
unauslöschlichen Makel der Unterlegenheit gebrandmarkt sind.
Denn vom Evangelium der Missionare bis zu den Peitschenhieben
der Galeerenaufseher, von den Gesetzen der Gewalt und der
Apartheitspolitik bis zu der der Vermischung wurden alle Mittel an
den afrikanischen Völkern erprobt.
Und da nun die Unterlegenheit der Afrikaner chronisch oder
vielmehr historisch ist, stehen wir vor dem Problem der Rasse;
nämlich unserer Rasse in Afrika. Denn in der Kreuzung einer
höheren Rasse, also unserer, mit einer niederen Rasse, also die der
Neger, werden nicht die Niederen auf das Niveau der Höheren
gehoben, sondern umgekehrt. Und da wir uns nun nicht den Luxus
erlauben dürfen, auf dem Weg freiwillig an Kraft einzubüßen,
entsteht daraus die Notwendigkeit, die Trennung von Weißen und
Negern in äußerster Absolutheit, Schärfe und Entschlossenheit
durchzusetzen. Andernfalls wird man grau, zuerst im Blute und dann
im Geiste.

Ilaria schnappt hektisch nach Luft, als würde sie ertrinken. Sie hat das
Gefühl, als hätte sie beim Lesen – in den letzten zwei, drei Minuten – das
Atmen vergessen.
Sie blättert und sucht nach dem Erscheinungsjahr: ›Anno XVII der
Faschistischen Ära – 1939‹. Sie schaut auf und lässt ihren Blick wie einen
Pinsel über die gebeugten Rücken der anderen Nutzer der Nationalbibliothek
streifen, niemand liest einen Aufsatz des Vaters, in der er die Vorherrschaft
der Weißen propagiert.

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