Als sie den Band zuklappt, legen sich die Seiten übereinander wie die
Flügel müder Schmetterlinge.
Sie gibt den Band zurück. Dann fährt sie mit der Magnetkarte über das
Drehkreuz, drückt die Glastür zur Vorhalle auf, tritt aus dem Gebäude und
durchquert den Park. Sie verlässt das Gelände durch ein Metalltor und geht
die wenigen Wohnblocks zurück, die Castro Pretorio von Termini trennen.
Sie nimmt wieder die Fußgängerunterführung, findet sich erneut zwischen
bunt bemalten Wänden, Neonlichtern, Buchstabenreihen auf elektronischen
Anzeigetafeln, Signaltönen der Durchsagen von ein- und ausfahrenden
Zügen. Ein Mann mittleren Alters kommt direkt auf sie zugelaufen, in der
Hand seinen Strohhut. Kurz bevor er sie umrennt, biegt er scharf ab und eilt
mehrere Stufen auf einmal nehmend die Treppe zu Gleis 11 hinauf, bleibt
dann auf halber Treppe stehen und murmelt: »Scheiße!« Aus der
Unterführung kann Ilaria nicht sehen, welchen Zug der Mann verpasst hat,
doch sie hört das Getöse beim Anfahren und das Quietschen der Schienen
über ihrem Kopf. Als sie ihr Haustor erreicht, will sie die Schlüssel aus der
Tasche nehmen. Da erst merkt sie, dass sie weder Tasche noch Schlüssel hat.
Stattdessen hält sie den Notizblock mit dem Stift in der Hand und den kleinen
Metallring mit dem Schlüssel zum Schließfach. Wie ein Ehering steckt er an
ihrem Zeigefinger.
Also muss Ilaria zum dritten Mal die Unterführung nehmen, um in der
Bibliothek ihre Tasche mit dem Schlüsselbund, Portemonnaie und Handy zu
holen, übrigens auch ihren Personalausweis. Und ein viertes Mal, um endlich
nach Hause zu kommen.
»Was hat Papà denn Schreckliches geschrieben, das dich so mitnimmt?«,
fragt Attilio. Ilaria versucht es ihm zu erklären, doch Attilio zuckt nur mit den
Schultern.
»Ach, komm schon, Ilaria! Damals waren sie doch alle Faschisten.
Außerdem war er noch jung. Weißt du, was ich mit zwanzig für einen Müll
geredet habe?«
Ilaria antwortet nicht. Attilio beugt sich hinab, um ihr direkt in die Augen
zu sehen. »He, Ilaria! Du müsstest mir jetzt entgegenhalten, dass ich das
immer noch tue ...«
Aber sie schweigt mit gesenktem Blick.
Attilio legt den Arm um sie. »Also hör zu. Okay, Papà war ein Rassist.