manchmal zwinkernd in die Augen, den entblößten Busen seinen Blicken
ausgesetzt. Klarer könnte das unterschiedliche Schicksal nicht sein, das die
Italiener für die Männer- beziehungsweise Frauenkörper vorgesehen haben,
auf die sie in Abessinien trafen: »Die Haut der Frauen hier ist schwarz und
dick wie die Planen unserer Lastkraftwagen. Als seien sie aus vulkanisiertem
Gummi. Du als Ingenieur fändest das sicher interessant.«
Dann gibt es einige Briefe, die an Attilio adressiert sind: »Mit allem
Respekt, Euer Sohn Ietmgeta«. Sie sind in gutem Italienisch geschrieben,
beinah fehlerfrei. Sie beginnen alle mit der Anrede: »Lieber Herr Vater«. In
einem Umschlag steckt das Foto eines Jungen am Tag seines Examens. In der
Hand hält er eine zusammengerollte Urkunde und lächelt stolz.
»Mein Bruder.«
Auf einem anderen Foto sieht Ilaria ihn als Neugeborenen im Arm einer
Frau mit blitzenden Augen und hoher Stirn, die ins Objektiv schaut.
»Wie schön sie ist. Ob er sie jemals vermisst hat?«
Ein Brief ist von jemand anderem geschrieben, mit älterer, runderer
Handschrift – die Ilaria ohne Probleme lesen kann, obwohl vieles
durchgestrichen und mit Korrekturen übersät ist. Scheinbar der Entwurf eines
Briefes, der so wichtig war, dass er noch einmal abgeschrieben wurde:
»Verehrteste Signora Gräfin Paolina,
ich grüße euch mit dem Feuer und der Demut des reinen und starken
Glaubens, in leuchtender Erinnerung an die Helden. Euer Sohn Francesco
Baracca hat die Seite des Buches geschrieben, die wir alle lesen möchten und
die doch niemand je wird schreiben können, so groß sind Übermenschlichkeit
und poetische Kraft, die sie durchziehen. Deshalb flehe ich Euer erhabenes
Mutterherz an, wendet Euch im Gebet an unsere gemeinsame Mutter und
Retterin, die Unbefleckte Jungfrau Maria, dass mein armer Sohn, Profeti
Attilio, als freiwilliges Schwarzhemd in Abessinien, gesund und heil von der
glorreichen Mission zurückkehren möge ...
Gezeichnet: Profeti Viola
(Ehefrau des Bahnhofsvorstehers von Lugo in Romagna).«
Unter der gesamten Korrespondenz versteckt sich ein weiteres Buch, das
noch dicker ist als das von Mantegazza, wenn auch weniger alt:
Forschungsmission am Tanasee, von Lidio Cipriani. Wieder dieser Name.