Auf dem Titelblatt eine mit Kugelschreiber notierte Widmung in anmutiger
Kursivschrift: »Für Attilio Profeti, Stolz der italienischen Rasse – mit
faschistischer Hochachtung, Professor Lidio Cipriani – Neapel 1940«.
Und so erfährt Ilaria, dass Lidio Cipriani, Unterzeichner des
Rassenmanifests, nicht nur das Vorwort zu Attilio Profetis Rassenschrift
verfasst hatte, sondern ihn auch persönlich kannte und schätzte. Auf
faschistische Art, was auch immer das heißen mochte.
Es dämmert schon, als Ilaria Attilios Schritte auf dem Treppenabsatz hört.
Mit knackenden Gelenken steht sie auf – jetzt erst merkt sie, dass sie Stunden
in derselben Position verharrt hat. Sie öffnet die Tür. Attilio ist allein.
»Wo hast du Shimeta gelassen?«, fragt sie.
»Wieso, ist er nicht bei dir?«
»Nein. Ich dachte, ihr wärt zusammen ...«
»Ich habe ihn seit gestern nicht mehr gesehen, als wir schlafen gegangen
sind. Als ich heute Morgen weg bin, war er schon nicht mehr da.«
»Oje, wo kann er denn sein?«
»Ganz ruhig, er ist bestimmt zum Abendessen zurück. Ich glaube, er hat
sich daran gewöhnt, gut zu essen ... Apropos: Heute Abend gibt’s
Schwertfisch.«
Doch der Junge kommt am Abend nicht zurück.
Auch nicht in der Nacht.
Und auch nicht am nächsten Morgen.
berli17