Alle ausser mir

(Jeff_L) #1

dem Steineichenwald rund um das Dorf erhob sich das leise Rascheln der
Tiere.
Nun wurden die Papiere kontrolliert. Wer nicht nachweisen konnte, dass
er auf Fronturlaub oder freigestellt war, musste auf den Lkw steigen. Kurz
bevor er an der Reihe war, sah Attilio, dass der Mann mit den
Familienländereien sich flach auf die Erde gelegt hatte und unter dem
Lastwagen durchgekrochen war bis auf die andere Seite, wo niemand stand.
Er beschloss, dasselbe zu versuchen. Er schob sich an den Rand der Gruppe
und wartete auf einen Moment der Verwirrung. Der kam, als ein Mann
Gegenwehr leistete und mit Tritten und Schreien in den Lastwagen
verfrachtet wurde. Attilio beugte sich hinab, wie um seinen Schuh zu binden,
warf sich dann unter den Lastwagen und robbte auf Ellbogen und Knien auf
die andere Seite. Dann stand er auf und begann zu rennen.
Er erreichte den anderen Flüchtling, kurz bevor die Soldaten merkten,
dass zwei Männer fehlten. Der Himmel war schon hell, doch im Unterholz
des Waldes hing noch die Nacht. Attilio und der Mann tauchten hinein wie in
eine dunkle Flüssigkeit. Nun rannte ein Republikaner hinter ihnen her und
begann zu schießen. Eine Kugel streifte Attilios Arm, ein scharfer Schmerz
wie von einem Peitschenhieb. Doch er floh weiter.
»Stehen bleiben! Stehen bleiben oder ihr werdet erschossen!«, schrie der
Republikaner, und da erkannte Attilio seine Stimme. Er blieb stehen.
Ein roter Fleck breitete sich auf seinem Mantelärmel aus. Er hielt sich mit
der anderen Hand den Arm und wandte sich um.
»Nigro«, sagte er weder laut noch leise, ganz normal.
Der Republikaner, der schon auf ihn angelegt hatte, ließ das Gewehr
sinken.
»Was soll das, Nigro«, fuhr Attilio fort, »willst du deinen alten
Kameraden erschießen?«
Auch der andere Flüchtende war stehen geblieben und lauschte erstaunt
den Stimmen.
»Attila ...«, murmelte Nigro und starrte ihn an. »Bist du das?«
»Schwarzhemd Profeti, angetreten!«, sagte Attilio.
»Menschenskinder! Attila!«
Nigro rannte auf Attilio zu und drückte ihn mit beiden Armen an seinen
gigantischen Brustkorb. Der stöhnte wegen des Schmerzes an seiner Wunde,
doch der andere merkte es nicht.

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