Alle ausser mir

(Jeff_L) #1

»Ganz ruhig, meine Liebe. Dein Vater kommt immer zurück.«
Federico fand ihn dann. Er stand reglos neben einem Zeitungskiosk und
betrachtete verwirrt den Verkehr.
»Papà!«, rief sein Ältester aus dem Taxi heraus, das rechts rangefahren
war. »Was machst du hier? Komm, steig ein!«
Attilio gehorchte mit gleichgültiger Sanftmut. Ohne Gruß stieg er auf der
Seite ein, wo Federico ihm die Tür aufhielt, und ließ sich schwer auf die
Rückbank fallen.
»Immer unterwegs, was?«, meinte sein Sohn gut gelaunt. »Schön, schön,
gut so. Es lebe die Freiheit.«
Attilio betrachtete den Mann um die fünfzig, seine blauen Augen, die ihn
an etwas erinnerten, das helle Jackett über dem sportlichen Körper. Seine
langen Haare wie die eines Touristen waren sonnengebleicht, mit
mädchenhafter Geste strich er sie sich immer wieder aus der Stirn.
»Du bist der, der in Mexiko lebt.«
Federico lachte leise auf. »Genau! Der bin ich höchstpersönlich. Und
morgen kehre ich nach Mexiko zurück. Ich hatte in Rom ein paar
Nervigkeiten zu regeln. Im Übrigen, wo wir schon dabei sind ... Ich habe
hier etwas.«
Aus einer aus Lederriemen gewebten Tasche zog er ein paar Blätter und
einen Stift.
»Erinnerst du dich noch an die Bürgschaft, die du für den Kredit meines
Pubs geleistet hast? Sie ist abgelaufen und muss erneuert werden. Ich muss
sie morgen unterschrieben zum Notar bringen. Weil der Notar ein Freund ist,
drückt er ein Auge zu, wenn du nicht in seiner Anwesenheit unterschreibst.
Dann musst du nicht extra dorthin, Autofahren, Parkplatz suchen ... Wenn du
jetzt unterschreibst, können wir uns das ganze Ambaradam sparen.«
»Sag nicht dieses Wort, sag einfach Tamtam«, brummte Attilio mit
düsterem Blick, nahm aber den Stift. Seine Hände zitterten, und bei den
Fahrbewegungen des Autos konnte er nicht einmal den Stift ansetzen.
»Warte, wir sind gleich da«, sagte Federico. Das Taxi erreichte Anitas
Häuserblock. »Hier ist es, bitte.«
Als der Wagen stand, legte der Sohn die Unterlagen auf die Tasche.
Konzentriert und wortlos unterschrieb der Vater die Papiere, die er eins nach
dem anderen vorgelegt bekam. Dann half ihm Federico aus dem Taxi und

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