ich, die ich in Rom geboren bin, stamme in den Augen der echten Römer von
außerhalb. Und das stimmt ja auch, mein Vater war aus Tivoli.«
Im Januar 1994 saß Silvio Berlusconi in einem Halbkreis aus Fahnen an
einem Tisch, vor ihm ein Dschungel von Mikrofonen, die so postiert waren,
dass sie ihm trotz seiner schmächtigen Statur nicht das Gesicht verdeckten.
Im Hintergrund dieser perfekt inszenierten Pressekonferenz ein Strahlenkranz
aus den Schriftzügen von Zeitungen aus der halben Welt, genau um seinen
Kopf, der das Mystische seines Erscheinens auf der politischen Bühne
unterstrich. Von seinen Zähnen schienen weiße Blitze über die
Fernsehbildschirme zu zucken.
»Endlich mal ein Mann, der mit den eigenen Ambitionen nicht hinterm
Berg hält.« Nach Jahrzehnten von Parlamentariern, die wirkten wie aus dem
Reliquienschrein, dabei wahre Meisterdiebe waren – wie jeder, der
jahrzehntelang an der Macht ist – und sich zugleich als reuige Sünder
benahmen, war dieser Unternehmer aus Brianza in Attilio Profetis Augen
eine willkommene Abwechslung in der italienischen Politik. Und dennoch
lag ihm beim Anblick eines der reichsten Männer Italiens, der liebenswürdig
die Fragen der Journalisten beantwortete, wieder dieser bittere Geschmack im
Mund, den er schon vor Stunden beim Aufstehen gespürt hatte.
Attilio Profeti brauchte keinen Wecker, um morgens aufzuwachen.
Sobald er die Augen aufschlug, rückte jede Erinnerung an mögliche Träume
in unerreichbare Ferne bar jeden Interesses. Ohne Umschweife trat er in die
einzige Realität ein, die für ihn Bedeutung hatte, die um ihn herum. In den
letzten Monaten jedoch beschlich ihn beim Aufwachen ein trübes Erstaunen,
eine klebrige Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung. Wieder eine
Nacht, in der die Polizei nicht an seine Tür geklopft hatte. Wieder eine
Dämmerung, in der er nicht von Uniformierten abgeführt wurde. Kein
Fotograf, der von den Maulwürfen beim Amt informiert worden war, der sein
Blitzlicht auf ihn richtete, während er mit durch die Handschellen ungetrübter
Eleganz und Würde in den Streifenwagen stieg.
Im Flurschrank lag eine Reisetasche, die Anita ihm vor Monaten gepackt
hatte. Zahnbürste, Schlafanzug, Aftershave. Ein Hausanzug, denn er hatte
gehört, dass die Mithäftlinge denjenigen das Leben schwer machten, die im
Gefängnis ihren eigenen bourgeoisen Kleidungsstil beibehielten, und den
Schlips nahmen sie einem eh ab. Eine zweibändige Ausgabe vom »Mann