paluten

(Tina Sui) #1

selbst, bevor er sich den anderen anschloss.
»Die Entführungen jagen allen hier schreckliche Angst ein«, erklärte
Karla, als sie sich an einen langen Holztisch setzten. Zum Frühstück gab es
Brot, Käse, Obst (keine Bananen!) und sogar Karotten. Außer ihnen hielt
sich so früh am Morgen niemand auf der Terrasse auf. Der Barkeeper war
zum Glück auch nicht zu sehen, und Obamma war gegangen, um sich
seinen Bürgermeisteraufgaben zu widmen.
»Und du versuchst nicht herauszufinden, wer oder was
dahintersteckt?«, fragte Edgar, während er eine Schüssel mit Karotten zu
sich heranzog.
»Nicht mehr«, sagte Karla und senkte den Kopf. »Als das Ganze losging,
habe ich mich oft nachts in den Wald geschlichen. Ich hoffte, dass ich den
Entführern begegnen würde. Ein junges Schmalamamädchen namens Rita
flehte mich an, sie mitzunehmen. Sie wollte mir unbedingt helfen, weil ihr
Liebster entführt worden war. Sie ließ einfach nicht locker. Also gab ich
nach.«
Karla sah auf das ruhige Meer hinaus. Sie wirkte traurig, sodass Paluten
sie am liebsten getröstet hätte. Doch er wusste nicht wirklich, wie man so
etwas anstellte. Außerdem wollte er wissen, wie die Geschichte weiterging.
Also blieb er ruhig sitzen und nagte an einer Karotte.
»Ich achtete darauf, dass sie immer in meiner Nähe blieb. Doch dann
kam die Regenzeit. Eines Nachts, als wir im Wald waren, regnete es so
heftig, dass man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Rita glaubte,
Schritte zu hören. Bevor ich sie aufhalten konnte, lief sie in die Dunkelheit.
Und kam nicht wieder.«
Sie hielt inne. »Ich suchte stundenlang nach ihr, tagelang. Aber sie blieb
verschwunden, genau wie die anderen Schmalamas. Danach habe ich die
Suche nach den Entführern aufgegeben. Ich wollte nicht noch mehr
Unschuldige in Gefahr bringen.«
»Das war aber edel von dir!«, stieß Paluten hervor. »Du hast auf
Heldentum und Ruhm verzichtet, um andere zu schützen. Toll.«
»Ruhm ist doch unwichtig, wenn es um die Sicherheit von Unschuldigen
geht, oder?«, fragte Karla und sah ihn stirnrunzelnd an.
Verdammt! »Öh, selbstverständlich«, stammelte Paluten. »Ruhm ist, äh,
total überbewertet. Pah. Ruhm. Wer braucht den schon? Richtig, Edgar?«

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