schmetterling

(Martin Jones) #1

unverbesserliche Romantiker das Golden West Saloon Hotel & Restaurant,
komplett mit Bar und Schwingtür, in dem man sich dennoch eher am Set von
Cheers als in einem Streifen mit John Wayne wähnt. White’s Sierra Station
punktet mit Deli Sandwiches, Rhonda’s Lil’ Frosty mit Eiscreme und
Darlene’s Valley Café mit hausgemachtem Kirschkuchen, dem eine
handgeschriebene Werbetafel attestiert, »Besser als in Twin Peaks!« zu sein –
an Glaubwürdigkeit kaum zu erschüttern, seit es Kyle MacLachlan vor Jahren
zwecks Dreharbeiten hierher verschlug und er sich von Darlene überreden
ließ, zusammen mit ihr auf einem Foto zu posieren, Daumen hochgereckt,
was sich auf alles Mögliche bezogen haben kann.
Luthers Mutter versteht ihr Geschäft.
Im Heranfahren sehen sie Tamy auf Darlenes Terrasse sitzen, die langen
Beine von sich gestreckt und augenscheinlich der Welt entrückt; voluminöse
drahtlose Kopfhörer in Chromoptik bedecken ihre Ohren und geben ihr das
naiv verwegene Aussehen einer Astronautin der Barbarella-Ära. Ihre Lippen
bewegen sich zu unhörbaren Textzeilen, der Blick ist auf einen nicht näher
spezifizierten Punkt gerichtet, von dem sich mit Gewissheit sagen lässt, dass
er nicht in Loyalton liegt. Entgegen aller Versonnenheit führen ihre Finger
auf der Tastatur des Laptops, den ihre Knie balancieren, ein wieselflinkes
Eigenleben.
Luther parkt gegenüber der fast leeren Terrasse. Das Schülerheer hat sich
zerstreut und die Hausaufgaben in Angriff genommen, um später bereit zu
sein für einen Trip rüber nach Nevada. Alles blitzt und blinkt. Darlene lässt
den fliederfarbenen Anstrich des aus Zedernbohlen gebauten Hauses jährlich
erneuern, Rahmen, Stützpfeiler und Verandageländer leuchten in einem Weiß
so frisch wie über Nacht gefallener Schnee. Nicht eine einzige vertrocknete
Blüte findet sich in den Hängeschalen über den Bistrotischchen und
Korbsofas neben der Eingangstür, auf der in fetten, goldenen Blackoak-
Lettern DARLENE’S VALLEY CAFÉ steht. Seit Gründung des Cafés hat keine

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