schmetterling

(Martin Jones) #1

Darlene lässt ein Räuspern hören, reich an Ankündigungen. Sie fasst ihren
Sohn am Arm und zieht ihn ins Innere des Cafés. »Hör zu, Luther, ich habe ja
nichts dagegen, wenn du mit Tamy über deine Arbeit sprichst. Aber nimm sie
nicht mit an solche Orte.«
»Ma –«
»Vergiss nicht, warum sie in Loyalton ist!«
»Weil sie hier auf die beste Schule im County geht. Weil sie hier eine Oma
hat, die sich um sie kümmert, wenn ich es gerade nicht kann. Und ich kann
oft nicht.«
»Und damit sie nicht ständig im Sheriffbüro rumhängt.«
»Auch.«
»Du selbst hast das so entschieden«, erinnert ihn Darlene. »Damit sie nicht
all das Schlimme mitbekommt.«
»Ma, da war sie zehn.«
»Und was ist sie jetzt? Eine Erwachsene?«
Luther wirft einen Blick nach draußen, wo Tamy Ruth mit gestenreichen
Schilderungen beglückt.
»Ich fürchte, ja.«
»Der Teufel wird noch früh genug ihren Weg kreuzen.«
Das wird er definitiv, denkt Luther. Und ich werde vielleicht nicht da sein,
um ihn von ihr fernhalten zu können. Nein, falsch. Ganz sicher werde ich
nicht da sein. Sie wird woanders leben, in einer Beziehung, einer Arbeit
nachgehen, Kinder haben, Freunde, und eines Tages wird sie die Begegnung
des Unabwendbaren machen, und mit etwas Glück kommt sie heil aus der
Sache raus. Solange ich lebe, werde ich an ihrer Seite stehen, aber diese
Wolke, in der das Schicksal gewittert, wird sich auch über ihr entladen. Ohne
dass ich die Macht hätte, es zu verhindern. Das ist die härteste aller
Lektionen. Dass ich keinen Kokon um Tamy weben kann, weil sie darin nur
ersticken würde.

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