schmetterling

(Martin Jones) #1

davon ihr Werk verrichten. Hinter nichtssagenden Flachbauten reihen sich
Röhrentanks aneinander, eingepasst in eine von Treppen und Laufgängen
gerahmte Stahlkonstruktion. Zur anderen Seite hin strandet der Blick an
einem Hangar, dessen Rückwand direkt an den Zaun grenzt. Die entlegene
Vorderfront überschaut eine betonierte Fläche, ohne Zweifel die
Verladestelle aus dem Video.
»Und wer wohnt in der schicken Hütte da?«, fragt Ruth mit einer
Kinnbewegung zum Nordrand, wo ein einzelnes, imposantes Gebäude prangt.
»Der Geist von Scarlett O’Hara?«
Luther schiebt seinen Hut in den Nacken.
»Ich denke, das ist der Grund, warum sie das Ganze die Farm nennen.«
Denn nichts weit und breit trägt Merkmale eines bäuerlichen Betriebs, bis
auf das weiße, dreistöckige Verandahaus im Stil des späten neunzehnten
Jahrhunderts, dessen ländliche Noblesse kulissenhaft gegen die Zweckbauten
und technischen Anlagen absticht, die es überblickt. Gut vorstellbar als Sitz
einer Dynastie vermögender Viehzüchter, beschwört seine Waldlage zugleich
gloriose Zeiten herauf, als mit Sierra-Valley-Holz ein Goldgräbernest nach
dem anderen hochgezogen und das zivilisationsumspannende Schienennetz
der Central Pacific Railroad ins Land geschnitten wurde. Sprossenfenster
spiegeln den Himmel, niemand ist auf der Terrasse. Überhaupt lässt wenig
auf die Anwesenheit von Menschen schließen. Allem Anschein nach haben
die Rasensprenger das Regime an sich gerissen.
Terminator für Gärtner, denkt Luther.
Im selben Moment treten zwei junge Frauen aus einem der Flachbauten ins
Freie, besteigen neonbunte Fahrräder, die zu Dutzenden bereitstehen, und
radeln Richtung Herrenhaus. Erst jetzt fallen Luther Teile einer silbrigen
Konstruktion weiter hinten ins Auge, die über das Hangardach hinausragen,
Blitzschutzmasten und Stromportale. Ein Umspannwerk. Sie produzieren
ihren eigenen Strom hier draußen.
Wer braucht derartige Mengen Elektrizität?

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