schmetterling

(Martin Jones) #1

in die mit Butangas gefüllten Extraktoren geschossen hat, sieht seine Leute
und die Drogenköche im rot quellenden Rauch ihr mörderisches
Schattenspiel aufführen, begleitet vom Gezänk der Schüsse, schreit
Kommandos, während seine SWAT-Einheit das Labor in die Zange nimmt.
Schreit an gegen die Druckwelle des Infernos, die unvermittelt ein Projektil
mit sich heranträgt, und fühlt es knapp unterhalb seines Herzens eindringen.
Ach was, eindringen. Plötzlich steckt es da, lästig, unpassend. Was soll’s.
Läuft weiter und stürzt wie mit der Axt gefällt zu Boden, und im selben
Moment gehen der Schmerz und die weiß glühende Einsicht, in dem elenden
Drecksloch zu krepieren – dies also ist der Ort, die Stunde! –, eine
schockartige Verbindung ein. Er wälzt sich herum, fingert in den Schwaden
nach der Heckler & Koch, die eben noch gewichtig und Zuversicht spendend
in seinen Händen lag, als Rauch und Flammen eine Gestalt ausspucken; den
Mann, der ihn erwischt hat und nun die Pistole von sich streckt, mit
durchgedrücktem Ellbogen, um ihm den Rest zu geben.
Dann sieht er, es ist kein Mann, sondern ein Junge.
Da steht, krümmt sich eines dieser halben Kinder, die ins Mahlwerk der
Kartelle geworfen und erbarmungslos zerrieben werden, und in den Augen
des Jungen flackert keine Mordlust, sondern blanke Angst. Angst vor Luther,
Angst vor dem Tod, vor allem, was er nicht versteht, und ganz sicher versteht
er nicht, warum er hier gelandet ist statt in einem beschaulichen Hort der
weißen, saturierten Mittelschicht, wo das größte Risiko darin besteht, beim
Kiffen erwischt zu werden. Und auch Luthers Angst wird übermächtig, weil
seine Finger ins Leere tasten, und sie weitet ihm noch die Augen, als der
Kopf des Jungen wie eine überreife Frucht zerplatzt und er ins Feuer gerissen
wird. Die Polizistin, die Luther in diesem Moment das Leben rettet, schleppt
von nun an diesen Jungen mit sich rum, so wie jeder von ihnen schweres
Gepäck zu schultern hat, aber man kann sich an gewaltig viel gewöhnen. Und
vielleicht wäre die lebendige Szene mit den Jahren zum Bild erstarrt, über
dem der Firnis dunkelt, hätte Jodie nach dem Vorfall nicht darauf gedrängt,

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