schmetterling

(Martin Jones) #1

ins wogende Blattwerk strahlen, als gelte es, die Vegetation in Schach zu
halten und am Vorrücken zu hindern. Luther blickt vom Umspannwerk zur
Phalanx der Wassertanks. Die an Laufgängen, Streben und Masten
montierten Natriumdampflampen lösen jede Kontur auf, statt ihr Halt zu
geben, verbinden nicht Verbundenes, trennen, was zueinander gehört, und
schaffen einen erratischen Raum. Nur im Bereich des Hangars tut sich etwas.
Etwas Großes rollt über den beschienenen Vorplatz. Luther kneift die Lider
zusammen und wischt das Wasser aus den Augenwinkeln. Eine
Verlademaschine erklimmt die Schräge zur Rampe. Kurz glaubt er eine
Gestalt zu sehen, die geduckt gegen das Unwetter über den Hof läuft, dann
erlöschen die dortigen Flutlicht-Strahler. Hof und Rampe implodieren zu
einem schwarzen Loch, das die Notbeleuchtung erst nach und nach wieder
durchdringt.
Dass van Dykes Flugzeug fehlt, kann ihn kaum noch überraschen.
Wie lange bin ich dort unten gewesen?
Wirklich dort gewesen?
Es muss mehr Zeit vergangen sein als gedacht. Aber wenn das zutrifft, wo
sind diese Stunden dann hin? Luther klinkt sein Funkgerät aus der
Gürtelhalterung, nicht in Erwartung, dass Pete um diese Stunde noch in
Calpine Streife fährt. Diese Stunde? Himmel, welche Stunde denn, verdammt
noch mal?! Hat die Erde begonnen, sich schneller zu drehen, wurde sie aus
ihrer Bahn gezwungen, erlebt er den Beginn eines kosmischen Debakels?
Solcherlei Szenarien geistern schon mal durchs Nachtprogramm von NBC,
Meteoriteneinschläge, unvermutet auftauchende Kleinplaneten,
Gravitationsverzerrungen, die Sonne schwillt an und was nicht alles, und
immer folgen Tsunamis, Feuerregen, Massenaussterben, bricht die Erde auf,
geht die Welt effektreich den Bach runter.
Nach Aussterben sieht hier eigentlich nichts aus.
Sein Handy! Er zieht es hervor, starrt aufs Display.

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