schmetterling

(Martin Jones) #1

Streife ist für morgen angesetzt. Heute war ich im Einsatz wegen Labor Day.
Durchgehend. Bis Calpine bin ich überhaupt nicht gekommen.«
Im Einsatz wegen Labor Day –
Luther schaut hinaus in die regenschwere Nacht.
Sie schaut zurück. Stürzt auf ihn ein.
»Okay, das klären wir später. Wo bist du jetzt?«
»Noch in Sierra City.«
»Dann komm hoch und hol mich ab. Und drück aufs Gas.«
Er beschreibt Pete den Weg und beendet das Gespräch. Seine elementare
Wahrnehmung hat zu leiden begonnen. Noch die geschundenste Seele darf
sich eines Minimums an Geborgenheit sicher sein, nämlich einen
dreiachsigen Raum zu bewohnen, in dem die Zeit eine klar definierte
Richtung hat. Diese Gewissheit aufgeben zu müssen, wäre die Hölle, es muss
ein Missverständnis vorliegen, doch bevor er sich tiefer in seinen Gedanken
verlaufen kann, sieht Luther eine Gestalt durch den Regen hasten. Zwischen
Heliport und Haupthaus durcheilt sie den Park, vom Wohntrakt kommend,
und nimmt Kurs auf die zuvorderst liegende Scheune: ein gazellenhafter
Schatten, dem unbemerkt der massige Schatten des Jägers folgt – ja, kein
Zweifel, der Größere pirscht sich heran, offenbar ohne dass die Beute etwas
davon mitbekommt. Luther schaut den beiden hinterher. Etwas sagt ihm, dass
sie im Besitz von Antworten sind. Antworten, die ihm womöglich nicht
gefallen werden, aber immer noch besser, als sich der Willkür der Umstände
zu überlassen. Weder Hugo van Dyke noch Elmar Nordvisk werden ihm so
bald eine Erklärung liefern – wie es aussieht, haben sie sich davongemacht,
während ihm da unten die Zeit entglitt. Leise geht er über die Terrassentreppe
hinunter ins nasse Gras. Der vollgesogene Boden schmatzt unter seinen
Füßen, doch im herabströmenden Regen dürften die zwei ihn kaum hören.
Die kleinere Gestalt hat inzwischen die Scheune erreicht, deren Tor offen
steht. Kurz taucht sie im Kegel der Natriumdampflampen auf und
verschwindet im Innern. Sekunden später erfasst das Licht den Verfolger,

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