schmetterling

(Martin Jones) #1

gewohnt war, von weniger als einem Dollar am Tag zu existieren. Er erfuhr,
was es hieß, mit nichts im Leben am Leben zu sein. Er sah die Hoffnung der
Armen in der Zerstörung der Ökosysteme gipfeln, was die bedrückende Frage
aufwarf, wer zu opfern sei – ein Problem, das wohlhabende Länder gerne in
Gleichungen verpackten, an deren Ende das Überleben der Menschheit stand,
nur dass deren größter Teil außerhalb ihrer Wahrnehmung zu liegen schien.
Er war in China, als die Täler des Jangtse und Songhua in braunen Fluten
versanken und sechsundfünfzig Millionen Chinesen ihr Obdach verloren. Er
atmete Landluft, die trüb von Abgasen und pfeffrig von Pulverdampf war. Er
lief über die brachliegenden Felder von Mali, dessen junge Männer zur Küste
flohen, um in Westafrikas wuchernden Metropolen vollends zu verelenden, in
Lagos, Dakar und Abidjan, urbane Schlachtfelder, auf denen bitterste Armut,
Hunger und Gewalt wüteten. Er wurde Zeuge all der hausgemachten
Katastrophen auf einem Kontinent, der als überbevölkert galt und doch
überwiegend menschenleer war, wo die Wüsten rapide wuchsen und die
Regenwälder schrumpften, Kleptokraten Entwicklungsgelder verprassten,
AIDS-Tote in den Straßen lagen und viermal so viele Menschen auf der
Flucht waren, als ganz Massachusetts bewohnten. Er stellte fest, dass die
wichtigste Ressource vielerorts verseucht und nicht trinkbar war. Hockte an
den ausgetrockneten Wasserlöchern Somalias, sah Fische auf dem Lake
Victoria treiben, hörte sonnenverbrannte Umweltaktivisten mit blonden
Bärten beim Bier vom Klimawandel reden. In Australien und Neuseeland
zehrten Aborigines und Maori von ihrer Würde, Südamerika ächzte unter
Diktaturen und El Niño, die ganze Welt ächzte und schwitzte. Fronten des
Elends, an denen Elmar seinen Erfindergeist spielen ließ. Er half, wo er nur
konnte. Setzte Dinge in Gang. Entwickelte praktikable, bezahlbare
Technologien. Steckte sein anstudiertes Wissen in die Erzeugung noch so
kleiner Lichtblicke. Wenn das Beste aus seinen Möglichkeiten zu machen
hieß, Not zu lindern, gebührten ihm Zepter und Krone des Spurlos-Clubs,
doch dessen übrige Mitglieder sahen das natürlich ein bisschen anders.

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