schmetterling

(Martin Jones) #1

im Juli Star Wars: Rogue One und La La Land, Hollywood in Downieville,
vertraute Ankündigungen.
Luther beginnt zu laufen. Hastet vorbei an St. Charles Place, einladend nur
nachts, tagsüber ein blind starrender Backsteinklotz von der Farbe
geronnenen Blutes. Rennt über die Jersey Bridge, hinein in die Pearl Street,
wo die Böschung steiler wird, Betonpfeiler die Gebäude abstützen und
verwilderte Gärten den Downie säumen, erreicht sein Haus und sieht beide
Wagen in der Einfahrt stehen, den Streifenwagen und seinen Toyota.
Ungewöhnlich, da er den Privatwagen sonst in die Garage fährt, vielleicht
diesem Urlaub geschuldet, und mit einem Mal siedelt ein bestürzender
Gedanke in ihm. Kaum nimmt er noch wahr, dass die Verandamöbel unter
dem säulengestützten Vordach anders stehen als sonst, der Vorgarten weniger
üppig bepflanzt ist. Mit zitternden Fingern zieht er den Hausschlüssel hervor,
seinen Schlüssel – aber ist es auch der Schlüssel des Mannes, der hier wohnt?
Wenn dies die Vergangenheit ist und sie sich von seiner Vergangenheit
unterscheidet, müsste er dann nicht sich selbst begegnen, und wäre – nein, ist
er dann derselbe, der er war? Offensichtlich nicht. Doch der Schlüssel dreht
sich geschmeidig, mit angehaltenem Atem betritt er die kleine Diele, als
dringe er in ein fremdes Haus ein, sieht einen Koffer und einen nicht
ausgepackten Rucksack unter der Garderobe stehen, seinen Koffer, seinen
Rucksack, ohne jeden Zweifel. Beruhigend und ängstigend zugleich. Es sind
seine Sachen, aber von jemand anderem dort platziert. Erhebt dieser Jemand
Anspruch auf sein Leben? Oder ist vielmehr er es, der Anspruch auf das
Leben des anderen anmeldet, dem die Gepäckstücke gehören und der von
einer Reise zurückgekehrt ist, die Luther nie angetreten hat?
Vor allem aber –
Wo ist dieser Mann jetzt?
Er schaut in den Wohnraum mit der offenen Küche. Lässt den Blick die
Treppe in den ersten Stock hinaufwandern. Tritt zum Stützpfosten des
Geländers, legt die Hand auf den Knauf und lauscht.

Free download pdf