schmetterling

(Martin Jones) #1

Damals lebten sie in Sacramento.
Welche Versprechen immer Luther dort meinte einlösen zu müssen, sie
waren gegeben worden in einer früheren Zeit. Ende der Sechziger hatte
Darlene, in Sierra County geboren und angehende Lehrerin an der Loyalton
High School, während eines Las-Vegas-Trips einen ghanaischen Studenten
namens Atu Opoku kennengelernt, der gerade mitten in seiner Promotion als
Schiffsbauingenieur steckte. Für ihn verließ sie Sierra. Luther kam in San
Francisco zur Welt, sah seinen Vater selten und war entsprechend
unbeeindruckt, als Darlene an seinem zehnten Geburtstag die Scheidung
einreichte. Atu ging zurück nach Ghana, Luthers Mutter versank in einem
Sumpf aus Trübsal und entdeckte an dessen Grund eine Art Pfandleihe, in der
man nach Hinterlegung des Verstandes alles Leid in Duldsamkeit und
Frohsinn umgemünzt bekam. Fortan redete sie sich ein, Gottes Plan sei zu
ihrem Besten, wie knüppeldick es auch kommen möge. Luther indes sah
nicht, wie sich Gottes Beistand im Alltag niederschlug. In seinen Augen irrte
Darlene immer noch durch Nächte voller Bitternis, nun geführt von Blinden.
Religion funktionierte einfach nicht bei Licht. Sie erblühte im Finstern.
Immer noch hörte er seine Mutter sich in den Schlaf weinen, jetzt aber dankte
sie Gott. Eine Tante kam sie in San Francisco besuchen, eine Tante aus dem
Wilden Westen, wie sie lachend sagte, und erzählte Luther, der jedes ihrer
Worte aufsog, so toll sei es da oben zwar nicht, wenig los, gerade erst habe
den Besitzer eines wunderlichen kleinen Cafés in Loyalton der Schlag ereilt,
da könne man nun auch nicht mehr hingehen, aber schön sei es schon, sehr
schön sogar, und die Männer suchten nach Gold und trügen Knarren und
Cowboyhüte.
Luther lief zu Darlene und fragte, ob sie nicht im Wilden Westen ein Café
aufmachen sollten.
Es war weniger der Vorschlag eines unternehmerisch frühbegabten Kindes
als Blüten treibende Romantik, aber er wurde erhört. Gott jedenfalls, dachte
er, während er vor Stolz aus allen Nähten platzte, hat so einen coolen

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