schmetterling

(Martin Jones) #1

doch nicht einfach mitnehmen, warum hatten sie nicht wenigstens darüber
gesprochen?
Weil er nicht zuhörte.
Er wusste es, und Jodie wusste es. Sie zog mit Tamy zurück nach
Sacramento und ergatterte einen Halbtagsjob bei der Staatsanwaltschaft.
Schlug ein neues Kapitel auf und dennoch jede Gelegenheit in den Wind, die
Sache ein für alle Mal zu beenden. Monate gingen ins Land. Mitunter trafen
sie sich, traurige Zusammenkünfte, in denen sie versuchten, sich den
Scherbenhaufen zu erklären. Tamy, inzwischen elf, durfte ihn nach Lust und
Laune besuchen. Wie schon einmal legte sie jene frappierende Verständigkeit
an den Tag, mit der sie das Verhalten ihrer Eltern spiegelte, statt es zu
kommentieren. Anwälte wurden mandatiert. Es galt, eine Scheidung
vorzubereiten, zu der es irgendwie nicht kommen wollte. Luther war ohnehin
dagegen, aber auch Jodie schien mit dem letzten Schritt zu hadern. Wie auf
einem Foto aus besseren Zeiten verharrten sie: Nichts geschah, doch je länger
man es ansah, desto besser schienen die Zeiten gewesen zu sein. Nachdem
keiner von ihnen einen Rosenkrieg vom Zaun brach, fühlte Luther Hoffnung
keimen. Hatte er sich nicht geändert? Wirklich geändert! Selbst Jodie konnte
daran nicht vorbeisehen. Etwas Neues bahnte sich zwischen ihnen an, ein
Faden wurde gewoben, den jede falsche Bewegung zerreißen konnte, und es
raubte ihm den Atem, eines Abends in ihrer Wohnung am Westrand von
Sacramento – Tamy verbrachte das Wochenende bei Darlene – unvermutet
Sex mit ihr zu haben, unwirklich und rauschhaft, sodass er auf der Rückfahrt
kaum zwischen Glück und Beklommenheit zu unterscheiden vermochte.
Tags drauf ließ sie ihn am Telefon wissen, man habe ihr eine
Ganztagsstelle mit enormen Aufstiegschancen angeboten. Gut bezahlt. Dann
sprach sie von einem Umzug nach Los Angeles, und Luther glaubte sich
verhört zu haben. »Los Angeles? Aber das sind dreihundert Meilen von hier.«
»Ich weiß. Ich muss das tun, Luther. Wir leben im Schwebezustand. Etwas
muss sich ändern.«

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