schmetterling

(Martin Jones) #1

»Ich meine, du bist erst zwei Jahre danach hergezogen«, fügt er hinzu, eine
kindische Bemerkung, wie ihm sofort klar wird. Ruth verkneift es sich,
darauf einzugehen. Sie tritt bis vor das Kaminsims und betrachtet die
aufgereihten Fotos. »Ist das hier ein Spiel, Luther? Bin ich im Fernsehen?«
»Sehe ich aus, als ob ich spiele?«
Sie dreht sich zu ihm um. »Nein, du siehst beschissen aus.« Ihrem Blick
entnimmt er, dass sie es akzeptiert hat. Nicht, was er sagt, wohl aber, dass er
es ernst meint. »Also, was ist in diesem Urlaub passiert?«
»Urlaub?« In seinem Hirn wird an zu vielen Stellschrauben gedreht.
»Du hast einen Zusammenbruch. So sehe ich das. Du bist komplett im
Eimer, Luther, und nie im Leben warst du im Yosemite National Park. Du
wolltest nach Vancouver Island, nach Victoria, und von da weiter nach
Tofino.« Ihre Hand pendelt in Richtung Diele. »Sollen wir dein Gepäck
auseinanderrupfen? Was meinst du, werden wir finden? Bergsteigerkram? Ich
glaube, da drin ist Zeugs, das man mitnimmt, wenn man raus aufs Meer will
und Wale beobachten.«
Er blickt zu Seite. »Das spielt keine Rolle.«
»Das spielt keine Rolle?« Sie rollt die Augen. »Luther! Was ist in dem
scheiß Urlaub mit dir passiert?«
»Nichts.«
»Es muss aber was –«
»Ich war nicht im Urlaub!« Ein punktartiger Schmerz setzt unterhalb seiner
linken Braue ein und sticht bis in den Kiefer. »Ich war nicht mal weg.«
Ruth seufzt. Sie geht zu einem der Sessel und lässt sich hineinfallen, ein
Bein über die Lehne baumeln. »Sag mal, hast du Kaffee im Haus? Ich brauch
irgendwas.«
Er zögert. »Ich weiß nicht, ob welcher da ist.«
»Dann schau nach. Mach welchen. Möglichst ohne dass es in Paranoia
ausartet, nach dem Motto, meine Kaffeemaschine ist vor sieben Jahren unter
den Laster gekommen. Ich sehe sie da stehen, es ist deine.«

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