schmetterling

(Martin Jones) #1

Ruth nickt. »Manchmal, am Wochenende, kommt sie dich besuchen.
Manchmal übernachtet sie bei Darlene und Nathan.«
»Tamy hat nie in Loyalton gewohnt?«
»Warum hätte sie in Loyalton wohnen sollen?«
»Welche Schule besucht sie?«
»Die Charter High, glaube ich. Ja, die Charter. Jodie arbeitet für die
Stadtverwaltung.«
»Und was ist passiert seit dem –« Er stockt.
»Unfall, den es nicht gab?« Ruth starrt in ihre leere Tasse. Dann wirft sie
den Kopf zurück und stößt ein ungläubiges Lachen aus. »Verfickte Scheiße,
das kann alles nicht wahr sein. Ich soll dir im Ernst dein Leben erzählen?
Hast du eine Vorstellung davon, wie absurd das ist?«
Zorn packt ihn. »Hast du eine Vorstellung, wie absurd es für mich ist?«
»Okay, okay.« Sie kehrt die Handflächen nach außen. »Das meiste weiß
ich eh nur von dir. Und ein bisschen was von Jodie, wir sind, na ja –« Ihre
Finger verschränken sich zu einem Gitter. »Also, du bist schon mein Boss,
aber wir ziehen einander ins Vertrauen. Auch Jodie vertraut mir, Tamy
ebenso, ich bin jedermanns Beichtstuhl und versuche möglichst, meine
Klugscheißereien für mich zu behalten. Was mir bei dir nicht immer gelingt.
Am Tag, als sie den Koffer holte, hast du gekniffen, stimmt, weshalb sie
ordentlich angepisst war. Wegen Tamy, aber auch – also, insgeheim hat sie
darauf gebaut, dass du sie überredest, den Koffer wieder auszupacken –«
»Sie wollte nach LA. Das wollte sie doch, oder?«
»Ein Teil von ihr wollte nach LA. Sie war sich nicht sicher.«
»Und dann?«
»Funkstille. Scheidung. Du hast dich in deine Arbeit vergraben und
versucht, Tamy nicht auch noch zu verlieren. Ist dir gelungen. Irgendwann
haben sich die Wogen geglättet, das muss zu der Zeit gewesen sein, als Jodie
geheiratet hat –«
»Sie hat was?«

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