schmetterling

(Martin Jones) #1

Sein Urlaub –
Die Vorstellung ist entsetzlich.
Die Vorstellung ist verführerisch. Sie lässt tausend Fragen ranken, setzt
Ungeheuerliches voraus, lockt aber mit dem Versprechen einer bis auf den
blanken Grund der Fakten rekonstruierbaren Erklärung. Vor allem spricht sie
Luther frei von jeglichem Wahn. In Ruths Theorie ist er das Opfer eines
Experiments. Grausam und doch, als werfe ihm jemand ein Seil zu.
»Ich bin nicht verrückt«, stellt er fest.
»Natürlich bist du nicht verrückt. Die haben was mit dir angestellt.«
Auf Grundlage immensen Wissens, das sie über ihn gesammelt haben
müssen. Unmöglich viel Wissen. Rodriguez’ höhnische Blicke. Seine
maliziösen Andeutungen –
»Irgendwas ist schiefgelaufen«, murmelt er. »Dass ich den Mistkerl
erwische, wie er auf Pilar losgeht, kann nicht Teil des Plans gewesen sein.«
Rodriguez hat ihn verspottet und einen Irren genannt, im Grunde aber nur
seine Unsicherheit kaschiert. »Er war von den Socken, als ich ihm erzählte,
ich sei in der Sphäre gewesen. Ich konnte sehen, wie das etwas in ihm
auslöste. Ihn auf Ideen brachte.« Ihn anstachelte, seinen Feind wissen zu
lassen, dass auf der Farm etwas mit ihm passiert war, einzig, um ihn leiden zu
sehen.
Wenn Ruth recht behält –
Gewitter entladen sich. Sein Verstand rebelliert, rüstet auf gegen die
Möglichkeit, sieben Jahre der Erinnerung bloßer Manipulation zu verdanken,
als sei das Hirn eine überschreibbare Festplatte, doch was hilft es? Noch
unwahrscheinlicher wäre, wenn sie diese Welt für ihn inszeniert hätten, in
perfider Detailversessenheit selbst die Naturgesetze außer Kraft gesetzt, den
Vortag zurückgeholt, Tote lebendig gemacht hätten. Es hieße, dass alle seine
Freunde und Kollegen bereitwillige Erfüllungsgehilfen des Schwindels
wären, Ruth, Carl, Pete, Kimmy, ein undurchführbares Unterfangen. Doch
selbst wenn es gelänge, welchem Zweck diente solch eine Travestie?

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