schmetterling

(Martin Jones) #1

Fassungslos fingert sie nach der Tischkante. Kann es einfach nicht
glauben. Natürlich haben sie sich Gedanken gemacht, wie Willard reagieren
würde, sollte er je dahinterkommen, aber nicht im Traum hätte sie mit so was
gerechnet.
»Ich steh nicht auf dich«, sagt sie.
»Aber auf Alicia stehst du.« Er schaut umher, reibt den Zeigefinger unter
seiner Nase, als müsse er ein Niesen unterdrücken. »Also bin ich jetzt der
Arsch. Du fickst dich durch die Nachbarschaft, aber für mich bist du dir zu
fein?«
»Ich ficke mich nicht durch die Nachbarschaft!«
»Du hast Spaß dran.« Seine Zunge sucht etwas zwischen Wangen und
Zähnen, dann grinst er unvermittelt. »Du weißt bloß nicht, wie gut ich in so
was bin.«
Ruth weicht zurück. Ihre Rechte schiebt sich zur Hüfte, doch sie trägt
keine Waffe, wenn sie Telefondienst macht.
»Willard, lass uns in Ruhe darüber reden.«
»Tun wir ja.«
»Du musst deine Ehe in Ordnung bringen.«
»Tue ich. Ich bringe alles in Ordnung.« Er macht einen schnellen Schritt
auf sie zu. »Es wird dir gefallen.«
Prallt gegen sie. Willard. Ihr Kollege seit Jahren. Laut, hitzköpfig, ein
Macho, den man in Kauf nimmt, um mit Alicia befreundet zu sein, aber auch
hilfsbereit und verlässlich, einer, der ohne zu murren Dienstpläne tauscht und
Sonderschichten einlegt, der zur Stelle ist, wenn man ihn braucht. So abstrus
erscheint Ruth das Ganze, dass sie immer noch an ein Missverständnis
glaubt, Alicias Warnungen zum Trotz, ihr Mann habe sich nicht im Griff –
und so vergibt sie die entscheidende Chance, das hier zu beenden. Willards
Stirn schießt vor und bricht ihr das Nasenbein. Noch während sie schützend
die Hände hochzieht, verpasst er ihr einen Schlag in den Solarplexus, unter
dem sie sich krümmt, keucht, hustet, es fühlt sich an, als kämen ihre

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