schmetterling

(Martin Jones) #1

mehr ausgeht. Unter Stöhnen stemmt sie sich hoch, bringt ihre ramponierte
Kleidung halbwegs in Ordnung, erspäht die fallen gelassene Coke-Flasche
unter dem umgestürzten Drehstuhl.
Kurz überlegt sie, ihm damit den Schädel einzuschlagen.
In Gedanken tut sie es.
Dann setzt sie einen Notruf ab.


Vielleicht hätte sie bleiben und es durchziehen sollen.
Willard wurde zusammengeflickt und bis auf Weiteres suspendiert.
Irgendeinen Hohn von Strafe hätten sie ihm wohl aufgebrummt, doch
ausgerechnet Alicia beschwor Ruth unter Tränen, von einer Anklage
abzusehen, auch Willard werde darauf verzichten. Jedes Biotop regelt die
Dinge auf seine Weise. Aus dem Sheriff Department drang, ihnen stehe der
Rechtsweg offen, sofern sie vor Gott und dem Steuerzahler verantworten
könnten, den Ruf der Behörde zu schädigen. Ruth sah es noch anders. Ein
Prozess wäre vor allem geeignet, ihr Ansehen zu schädigen. Eine Lesbe, die
entgegengebrachtes Vertrauen dazu missbraucht, die Frau eines Kollegen
flachzulegen, während dieser aufopferungsvoll seiner Pflicht nachkommt –
das versprach einen Spießrutenlauf der Sonderklasse! Was an Würde nicht in
der Glut jenes Augusttages verdampft war, verlöre sie im Gerichtssaal, ohne
Aussicht auf Rehabilitation. Volkes Gedächtnis ist eine Sickergrube.
Verdruckstes Mitleid wäre ihr sicher, aber auch unversöhnlicher Hass.
Nachdem niemand ihr direkt riet, sich versetzen zu lassen, sprach ihre
innere Stimme ein Machtwort. Ihr Rachefeuer war niedergebrannt, was hätte
es geändert, Willard komplett zu erledigen? In Gedanken hatte sie ihn bereits
umgebracht. Danach war er zu solcher Bedeutungslosigkeit geschrumpft,
dass es nicht mal die Mühe lohnte, ihn unterm Stiefelabsatz zu zerquetschen.
Würde er seinen Job behalten? Sie schiss drauf. Für Alicia zählte nur, dass
nichts von alldem an die Öffentlichkeit drang, außerdem sei sie nicht lesbisch

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