schmetterling

(Martin Jones) #1

und nie gewesen. Während sie Ruth diese erstaunliche Einsicht zuteilwerden
ließ, studierte sie ihre Schuhspitzen, und auch das spielte keine Rolle mehr.
Sollte sie alleine mit dem Dreckskerl klarkommen.
Allerdings erzeugt, was unter den Teppich gekehrt wird, Beulen. So wenig
es eine Akte gab, so üppig erblühte das Gerede. Es eilte Ruth voraus wie eine
Truppe fröhlicher Herolde. Mehrfach wurde sie abgelehnt, bis der
Undersheriff von Sierra seinen Vorgesetzten überzeugte, sie sei die Richtige.
Als sie eines Tages den Mut aufbrachte, Luther die Geschichte in allen ihren
schäbigen Einzelheiten zu erzählen, erzählte er ihr prompt seine, und beider
Wurzeln schlangen sich umeinander.
Seitdem ist kein Tag vergangen, an dem er nicht zu ihr gehalten hat.
Und es wird keiner vergehen, schwört sie sich, an dem sie nicht zu ihm
hält, was immer er sagt oder tut.
Und wenn er behauptet, vom Mars zu stammen.


In Sierra City parkt sie neben dem Country Store. Die lange, abblätternde
Holzbank auf der Veranda ist bevölkert mit Wanderern, die ihre Rucksäcke
vor dem angrenzenden Post Office abgestellt haben und Bier trinken. Ihrer
Barttracht haftet etwas Sektiererisches an, die einzige Frau trägt ein Tank Top
im Sternenbanner-Design, über ihr bläht sich lustlos die passende Flagge.
Ruth grüßt ein paar Leute, ersteht eine Tüte Hawaiian BBQ Chips und eine
Flasche Welch’s Traubensaft und verzieht sich damit an die Kühlerhaube
ihres Streifenwagens.
Eine nach der anderen haben sich Luthers Vorhersagen bestätigt. So
beunruhigend das ist, geht es einher mit kolossaler Erleichterung, dass er
offenbar nicht an einer Psychose leidet, zumal er kein bisschen den Eindruck
erweckt. Seine Geschichte mag absonderlich sein, bizarr, sein Verhalten ist es
nicht. Ruth hat Psychotiker erlebt, die erkennbar über Kluften hinweg
kommunizierten, doch Luther weist keinerlei Symptome einer tiefgreifenden
Wesensveränderung auf. In seiner für ihn untypischen Ratlosigkeit wirkt er

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