schmetterling

(Martin Jones) #1

»Hör mal, das kannst du bequemer haben! Komm schon heute Abend nach
Sacramento, und ich koche uns was.«
Der Keil in seiner Brust glüht noch heißer.
Mach es jetzt nicht kaputt!
Er bebt. Tränen stauen sich, doch ließe er seinen Gefühlen freien Lauf, er
würde sich nur zum Narren machen. Es sind die Gefühle eines anderen aus
einem anderen Leben; hier ist ihnen jede Existenzgrundlage genommen. Er
schaut hinaus auf die Ebene. Alles erstrahlt im reinen Jetzt. Die Welt blickt
nicht zurück. Wenn sich von den Klapperschlangen ringsum eines lernen
lässt, dann, dass man etwas aufgibt, wenn man sich häutet. Unwiderruflich,
weil es keinen Nutzen mehr hat. Man lässt es hinter sich und schaut es nie
wieder an.
»Gute Idee«, sagt er. »Ich muss checken, wann ich hier loskomme.«
»Nur, wenn es keinen Stress bedeutet.«
»Nein, ich – würde mich freuen. Wirklich.«
»Dann bis später.«
Als sie auflegt, fühlt er sich zerschlagen wie nach einem Boxkampf.
Allerdings nach einem, den er gewonnen hat. Er lässt den Motor wieder an.
Aus entgegengesetzter Richtung kommt ihm ein Wagen entgegen.
Unvermittelt taucht er zwischen den Bäumen auf, wo der Wald sich lichtet
und die Eureka Mine Road aus einer Haarnadelkurve in die Ebene mündet.
Im Gegensatz zu den meisten kleineren Gebirgsstraßen ist die Strecke hier
befestigt und frei von Geröll, außerdem scheint der Wagen kaum
Antriebsgeräusche zu produzieren. Lautlos gleitet er heran, als rolle er im
Leerlauf das abschüssige Gelände hinunter. Auf der Windschutzscheibe blitzt
die senkrecht stehende Sonne und irisiert im mattschwarzen Lack. Von den
Insassen hinter dem spiegelnden Glas ist nichts zu sehen.
Luther behält das sich nähernde Fahrzeug im Blick ohne anzufahren.
Vertrautes Modell. Allzu vertraut. Es vereint Aggressivität und Eleganz, wie
es nur ein Mercedes kann.

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