schmetterling

(Martin Jones) #1

Luther wendet den Kopf und schaut zu ihr auf. Ihre ebenmäßigen Züge
spiegeln die Zufriedenheit der Sphinx, bevor sie ihr Opfer in Stücke reißt.
Über den scharf geschwungenen Wangenknochen leuchten ihre Augen so
intensiv, als sonderten sie irgendeine Form von Strahlung ab. Die Sonne lässt
das Mahagoni ihrer Haut erglühen, eine Beretta entwächst ihrer Hand.
»Sag schon. Haben wir uns gestern Abend auf der Farm gesehen? Das
warst doch du, oder?«
Er lacht. »Du hast Angst, du könntest den Falschen erledigen, was?«
»Ich will es einfach wissen.«
»Und dann?«
Dann? Kein Dann. Moderduft treibt heran, das Odeur verfaulender Blätter
in den Pfützen, die der nächtliche Regen hinterlassen hat. Wie geschärft seine
Wahrnehmung plötzlich ist. Er kann die Blütenpollen an den Hinterbeinen
vorbeitaumelnder Hummeln riechen, die Salze und Pheromone im frischen
Schweiß auf seiner Haut.
Sie lächelt. »Doch, du bist es.«
Lächelt immer noch, als ihr Hemd in Brusthöhe aufplatzt. Plötzlich klafft
dort ein Loch von der Größe einer Halbdollarmünze. Die Wucht des
Projektils wirft sie zurück, die Beretta entgleitet ihrer Hand. Nach Halt
suchend, kippt sie über die Motorhaube des Streifenwagens. Luther springt
auf die Füße, sucht die Umgebung ab. Entdeckt Ruth, die keine dreihundert
Meter entfernt oberhalb der Einmündung der Eureka Mine Road ihr
Sturmgewehr ein zweites Mal anlegt und ihr Ziel erneut ins Visier nimmt.
Mit wenigen Schritten ist er bei seiner Glock, sieht die Killerin auf allen
vieren durch Geröll kriechen, hochkommen und zu ihrem Mercedes sprinten.
Kugelsicher, wie nicht anders zu erwarten. Bevor er die Glock in Anschlag
bringen kann, verschwindet sie im Wagen. Eine Kieswelle spritzt ihm
entgegen und prasselt über ihn hinweg, als sie den Mercedes auf der Stelle
dreht und die Straße hinaufdrischt.

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