schmetterling

(Martin Jones) #1

Jetzt!
Luther spurtet los. Mit wenigen Sätzen ist er hinter dem Bus, springt auf
den Fahrradträger im Heck und klammert sich ins Gestänge. Stellt sich vor,
wie Grace rasend vor Wut heranjagt. In Sekunden wird sie um die Ecke
biegen und die Brücke überschauen. Stützpfeiler ziehen vorbei. Er springt ab,
drückt sich in den Schutz des Westturms, hört sie kommen. Nachdem sie
weiß, dass sie entdeckt wurde, gibt sie sich keine Mühe mehr, ihre Schritte zu
dämpfen. Der Bus nimmt Fahrt auf und entschwindet im Dunkeln – wie
scharf ihre Augen auch sein mögen, sie wird nicht sagen können, ob er noch
auf dem Fahrradständer hockt, es aber annehmen. Glauben, er werde
versuchen, als blinder Passagier zum Hotel zu gelangen. Ein Rennen, das für
sie kaum zu gewinnen ist, doch wer wäre Grace Hendryx, sich davon
beeindrucken zu lassen.
In gestrecktem Lauf kommt sie herangestürmt.
Er wartet, bis sie auf seiner Höhe ist, und hält ihr ein Bein.
Das Resultat könnte kaum wünschenswerter ausfallen. Sie hebt ab wie ein
betrunkener Vogel und kracht sich überschlagend auf den Asphalt. Im Nu ist
Luther über ihr, zerrt sie hoch und schmettert sie gegen die Turmwand, reißt
ihr Blouson auf. Zieht die Pistole aus dem Schulterhalfter, wirft sie in den
Fluss, lässt den Blick fliegen. Niemand sonst ist auf der Brücke außer ihnen.
Er drückt die Mündung der Glock gegen ihre Hüfte. Grace schüttelt
benommen den Kopf, selbst für ihre Verhältnisse ging das alles ein bisschen
zu schnell.
»Der Schuss zertrümmert den Knochen«, zischt er. »Du weißt, was das
bedeutet. Ausgetanzt. Rollstuhl.«
Sie bleckt die Zähne. Ihr Blick klärt sich und lässt ihn wissen, was sie mit
ihm anstellen wird, sollte sie Gelegenheit dazu erhalten.
»Du verströmst Angst, Luther.«
Er schlägt ihr mit der Rückseite der freien Hand ins Gesicht.
»Warum willst du mich umbringen?«

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