schmetterling

(Martin Jones) #1

Wach zu liegen wäre den drei Stunden Schlaf vorzuziehen gewesen. Tiefer
und tiefer stürzte Luther durch alle Stockwerke der Hölle, und in jedem
wartete Grace Hendryx auf ihn, mal mit, mal ohne Kopf. Um sechs Uhr
morgens sitzt er auf der Bettkante vor der alarmierend rotorangenen Wand
seines Zimmers im Rodeway Inn, zittert wie elektrisch geladen und erwägt
einen Wohnungseinbruch.
Die Cops brauchten zwölf Minuten nach seinem Anruf. Er erzählte ihnen
von Graces Angriff am Nachmittag. Dass ihm unverändert schleierhaft sei,
was sie von ihm gewollt habe. Dann die neuerliche Attacke, und jetzt könne
man sie leider nicht mehr fragen, oder vielleicht doch: Eine Kopie von ihr
finde sich in Palo Alto, ein Duplikat des verschrammten Mercedes, der
unweit geparkt sein müsse, stehe unversehrt in Sierra, vielleicht auch beides
Originale, dann sei der Angriff durch Kopien erfolgt, alles klar so weit?
Zunehmend wolkig fielen seine Schilderungen aus, die flackernden
Lichtleisten der Streifenwagen lieferten das angemessen psychedelische
Ambiente. Niemand zog den Tatbestand der Notwehr in Zweifel. Einen der
Jungs kannte er von früher. Während sie seine Personalien checkten, prahlte
der vor seinen Kollegen von Luthers Großtaten im Drogendezernat, und die
Vorfälle der Nacht hievten ihn endgültig auf die Ebene einer Legende. Indes
täuschte der Respekt, den sie ihm entgegenbrachten, nicht darüber hinweg,
dass sie ihn dringlich zurück nach Sierra wünschten – Killerklone und
duplizierte Autos, Himmelherrgott. Es war ihnen nicht zu verdenken. Er hatte
ja selbst größte Mühe, Nachsicht mit sich walten zu lassen; was sich in
seinem Kopf halbwegs zu verfugen begann, klang jetzt und hier, den

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