schmetterling

(Martin Jones) #1

Eine Weile drang lediglich ihr Atem an sein Ohr. Hatte er Ruth je weinen
sehen? Er konnte sich nicht erinnern. Ruth verfügt über einen direkten
Zugang zu ihrer Wut, sie lässt Dampf ab, wenn der Druck überhandnimmt,
doch gerade wusste er, ohne dort sein zu müssen, dass ihr die Tränen in den
Augen standen.
»Ich habe sein Ticket gefunden, Ruth. Er muss gegen Mitternacht in
Downieville gewesen sein.«
»Und das Dreckstück trifft ihn zu Hause an, erschießt ihn und schleift ihn
den Berg hoch, wo kein Mensch ihn je finden wird.« Jetzt klang sie wieder
wie gewohnt, angriffslustig und stinksauer. »Dann geht ihr auf, dass sie
möglicherweise den Falschen erwischt hat. Okay. Überzeugt. Es gibt zwei
Welten. Sie schicken dir Grace aus deiner hinterher. Sie verpatzt es und
versucht, den Fehler auszubügeln.«
»Das zweite Mal hat ihren Kopf gekostet.«
Eine Weile hing jeder seinen Gedanken nach, dann sagte Ruth: »Wir
lassen ihn da liegen.«
»Du meinst –« Er zögerte. »Deinen –«
»Du bist jetzt mein Luther. Wir lassen ihn liegen, ihm ist es egal. Alles
andere würde dich in die Bredouille bringen. Was soll Carl glauben? Dein
eigenartiges Verhalten heute Morgen, der Blödsinn über deinen Einsatz auf
der Farm, er muss dich als Hauptverdächtigen einbuchten! Stante pede, sagt
man so? Auch Pete wird erklären, dass du krudes Zeug geredet hast, und
deine Geschichte kannst du stecken lassen. Die glaubt dir so schnell keiner
mehr, nicht mal, wenn ich sie bestätige. Deine Wunderkräfte sind dahin. Du
hattest genau einen Tag, die Zukunft vorauszusagen. Der ist vorbei, und
deine Erinnerungslücken könntest du vortäuschen. Wenn Carl erst mal seinen
Undersheriff auf Mariannes Schlachtbank liegen sieht, wird er glauben, du
seist der böse Zwilling.«
Das alles war ihm auch schon durch den Kopf gegangen. Erleichterung
mischte sich mit plötzlicher Traurigkeit. Der Mann in dem Grab – nur

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