schmetterling

(Martin Jones) #1

Fingern klebt der Rest eines Schoko-Donuts. Ohne Luther noch eines Blickes
zu würdigen, öffnet sie ihren Koffer.
»Ihr wälzt Theorien ohne Inaugenscheinnahme des Corpus Delicti. Das ist
unverantwortlich. Ich hab’s von oben gehört.«
»Wieso?«, sagt Ruth. »Wir haben nur über sie gesprochen.«
»Ihr habt über sie gefachsimpelt, als sie noch im Baum hing.«
Ruths eisblaue Augen wandern an Mariannes Körper hinab. Luther nickt
hoch zum Forstweg.
»Komm. Wir schauen uns mal den Wagen an.«


Die Fahrertür des Geländewagens steht offen. Die Beifahrertür hingegen ist
verriegelt, woran Ruths Theorie gleich wieder zu zerschellen droht. In ihrem
Szenario springen beide Protagonisten wutentbrannt ins Freie, statt
umständlich über den Sitz des anderen nach draußen zu kriechen. Den Wagen
hat offenbar nur eine Person verlassen.
»Unverantwortlich!« Ruth macht ihrem Ärger Luft. »Was lassen wir uns
noch gefallen von der kleinen Feldratte?«
»Sie versteht ihr Handwerk«, sagt Luther.
»Das verstehen andere auch. Wir hätten Carl fragen sollen. Carl ist immer
gut für eine erste Expertise.«
Luther geht um den Geländewagen herum und sucht den Boden ab.
»Erste Expertise, du sagst es.«
»Ehrlich, Luther, mir ist es hoch wie breit, wie gut Marianne ihr Handwerk
versteht und ob sie kraft ihrer Hände Scheiße in Gebäck verwandeln kann,
solange es in ihrem sogenannten Institut geschieht. Wir haben einen Sheriff-
Coroner, wer braucht eine pöbelnde Vogelscheuche?« Sie holt tief Luft.
»Noch dazu eine, die am Tatort frisst.«
Weil der Sheriff vor lauter Rheuma in keinen Streifenwagen mehr kommt,
denkt Luther, und raus schon gar nicht, aber er spart sich die Belehrung. Ruth

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