schmetterling

(Martin Jones) #1

Pier 78 liegt wie unter OP-Licht da.
Sie parken außerhalb des Frachtterminals unter kümmerlichen Bäumen, die
dort krauten wie eine Verlegenheitsinvestition des Grünflächenamts. Durch
die Straßenmitte verlaufen die Gleise der Diesellok. Das Areal jenseits des
Zauns ist dicht bestanden von Containern, eine farbig durchmischte und in
ihrer Durchmischung fast schon wieder eintönige Landschaft aus weißen
Maersk-, grünen Evergreen- und orangefarbenen Hapag-Lloyd-Behältern,
durchsetzt mit rostroten und blauen Exemplaren. Könnte ein Hurrikan all dies
zu einem weniger zufälligen Bild ordnen – blaue hier, grüne dort –, wenn
Schimpansen einen Computer zu bauen imstande sind? Luther springt aus
seinem Wagen. »Wo lagern die Dinger?«
»Mittendrin«, sagt Ken’ichi und verteilt Zettel mit Buchstaben-Zahlen-
Kombinationen. »Hier stehen die Nummern drauf. Ich denke, sie sind
etwa –«, er streckt den Arm aus, »da.«
»Toll«, höhnt Jim. »Hast du keine Reihe oder so was?«
»Mitte, Mitte.« Der Japaner wirkt beleidigt. »Präziser ging das nicht auf
die Schnelle.«
»Gut, wir verteilen uns«, sagt Pilar. »Wer sie findet, informiert die
anderen. Was ist mit den Autorisierungen?«
Ken’ichi verteilt weiteres Papier und provisorische Ausweise. »Ihr seid als
Vertreter von MedCare registriert.«
»MedCare?«, fragt Luther.
»Die Scheinfirma, über die das Waffengeschäft läuft«, sagt Jim.
»Kaum davon auszugehen, dass uns jemand anhält.« In Ken’ichis Stimme
schwingt das feine Tremolo der Angst mit. »Der Kontrollpunkt ist nur für
Laster.«
Vier Lagen Stacheldraht krönen die Maschendrahtumfriedung, doch die
Zufahrt steht einladend weit offen. Hin und wieder tuckern Peterbilts mit
beladenen Anhängern auf das Gelände, das dank Dutzender Flutlichtmasten
in künstliches Tageslicht getaucht ist. Portalhubwagen durchmessen die

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