schmetterling

(Martin Jones) #1

Containerreihen, haushohe Carrier, deren Rahmengestelle es erlauben, sich
über die stählernen Behälter zu schieben und sie mit Winden in ihr Inneres zu
hieven. Kein rosa Streifen ziert mehr den Horizont. Der strammer werdende
Seewind trägt Noten von Dieselöl, Maschinenlärm und eine klamme Kühle
heran, und Luther fühlt etwas Bedrückendes in der Luft liegen. Grell stechen
die Skelette der mit Strahlern gespickten Containerbrücken gegen den rasch
dunkelnden Himmel ab, unwirklich türmen sich die Aufbauten des
Cargoliners in den Abend, hereinziehender Nebel umhüllt die Flutlichter mit
geisterhaften Aureolen.
»Dann los.« Pilar schultert ihren Rucksack. »Schnell.«
»Nicht schnell«, sagt Luther. »Wir marschieren da in aller Seelenruhe rein.
Sozusagen auf dem Präsentierteller.«
Jim spuckt seinen Kaugummi aus. »Klingt professionell.«
»Was dachtest du denn, Junge?«
»Gar nichts, Mann. Ich kenn dich nicht.«
»Undersheriff von Sierra County«, murmelt Ken’ichi, dessen Kühnheit in
virtuellen Räumen offenbar stärker zur Entfaltung kommt als in der echten
Welt. »War zuvor Chef im Drogendezernat von Sacramento, viele schöne
Auszeichnungen, später dann –«
»Weißt du was«, unterbricht ihn Luther. »Dein Hirn ist zu wertvoll, um es
Gefahren auszusetzen.«
»Wir brauchen jeden«, sagt Pilar.
»Ganz genau. Und Kenny nützt dir mehr am Rechner.«
»Aber –«
»Er hat Angst, Pilar! Er könnte es vermasseln.«
»Ich habe keine –«, protestiert Ken’ichi halbherzig.
»Doch, hast du«, konstatiert Jim. »Und das ist voll okay, du bist der
Größte, ohne dich wären wir nicht hier. Aber wo der Sheriff Recht hat, da hat
er recht.«
»Bleib im Wagen, Kenniboy«, beschließt Pilar die Diskussion.

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