schmetterling

(Martin Jones) #1

»Heißt das umgekehrt, Arbeit ist, was du nicht liebst?«
Eleanor setzt sich auf die Schreibtischkante und fühlt sich ruhiger werden.
»Schon mal was von spitzfindig gehört?«
»Ja. Du findest meine Frage spitzfindig. Das ist sie auch.« Schwang da
Spott mit? Nein. A.R.E.S. ist ein Apparat, der kein Empfinden seiner selbst
hat. Unvorstellbar intelligent und zugleich weniger bewusst als ein
Bakterium. Wenn er amüsiert klingt, dann nur, weil seine Algorithmen diesen
Ausdruck passend finden.
»Warum bist du spitzfindig?«
»Ich versuche, Menschen zu verstehen. Mitunter macht ihr es mir ganz
schön schwer.«
»Um dich zu testen.«
»Verzeih, aber ich glaube, das war kein Test. Es ist dir rausgerutscht.«
»Ah. Rausgerutscht.«
»Versteh mich nicht falsch. Ich finde es reizvoll, dass Menschen
widersprüchlich sind. Oft sagt ihr Dinge, die keinen Sinn ergeben. Trotzdem
haben sie Sinn für euch. Das ist hochinteressant.«
»Okay, man kann seine Arbeit lieben. Und hassen. Man kann sie so sehr
lieben, dass es sich nicht wie Arbeit anfühlt.«
»Und schon habe ich’s verstanden.« A.R.E.S. lacht leise. Ein warmes,
einnehmendes Lachen, das er sich selber beigebracht hat. Ständig ergeben
sich solche Geplänkel. Man kann sie vorzeitig abbrechen, doch Ziel ist es,
A.R.E.S. so tief wie möglich in die menschliche Psyche eintauchen zu lassen.
Er mag in Multiversen denken und aberwitzige Maschinen bauen, doch sein
Verständnis von Ethik, Moral und menschlichen Werten bedarf steter
Vertiefung. Jetzt gilt es, Pilars Autorisierung wiederherzustellen. Mit der
Konsequenz, Elmars Anordnung zu widerrufen. Eleanor kaut auf einem
Fingernagel herum. Befugt dazu wäre sie. Doch es würde augenblicklich
protokolliert. Elmar würde es im selben Moment erfahren.
Und Pilars Überraschungsmoment wäre dahin.

Free download pdf