schmetterling

(Martin Jones) #1

»Hat euch die Menschheit eigentlich darum gebeten, so was wie Ares zu
erfinden?«
»Hat sie um die Atombombe gebeten? Sei nicht naiv, Luther.«
»Ich geb’s auf. Was kann man mit Rippern verdienen?«
»Mit einer aggressiven Biotechnologie dieses Kalibers?« Pilar schürzte die
Lippen. »Milliarden. Soll ich übrigens mal fahren?«
»Nein, ruh dich aus.«
Milliarden –
Luther schaute auf den Tacho. Fuhr noch ein bisschen schneller.


Jetzt, an der County-Grenze, ist es nicht mehr weit.
Neben ihm zuckt Pilar in schweren Träumen. Vielleicht auch nur Reflexe.
Das Scheinwerferlicht streift die Kiefern am Rand der Bergstraße, die jetzt
schmaler geworden ist, steiler und kurviger. Bringt das reflektierende Metall
der Straßenschilder zum Glühen. Leuchtet zwischen die nadelstarrenden, im
Nachtwind zitternden Äste, die plötzlich einer nie zuvor wahrgenommenen,
weit machtvolleren Form des Lebens Ausdruck zu verleihen scheinen, und
Luther fragt sich, wie etwas so Wunderbarem und Vertrautem eine solche
Fremdheit innewohnen kann – als sei der ganze gewaltige Hang mit seinen
Wäldern tatsächlich der atmende, in der Kühle erschaudernde Leib von etwas
völlig anderem, viel Kolossalerem: einer an der Grenze zur Bewusstheit
dämmernden Maschine.
Der North Yuba River bringt den Mond zum Schmelzen.
Verflüssigt strudelt er einer scharf geschwungenen Serpentine voller
Kiesbänke entgegen, in denen sich einst so viel Gold sammelte, dass ein
ganzer Kontinent darüber in Aufruhr geriet. Als sie die Goodyears Bar
Bridge überqueren, liegt der kleine Ort wie ausgestorben da – kaum etwas
deutet auf die knapp sechzig Einwohner hin, deren meiste die Lebensmitte
deutlich überschritten haben. Luther fragt sich, ob es ein PU gibt, in dem man
das in der Zeit versunkene Goodyears Bar wiederauferstehen sähe, als allein

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