schmetterling

(Martin Jones) #1

Fingerspitzen legen sich auf seine Schulter. Eine schmale, perfekt geformte
Hand.
»Du bist traurig«, sagt Zoe.
Er dreht sich um zu ihr. Erstaunlich, diese Empathie in ihren Augen. Doch
ihm fällt nichts ein, was er darauf erwidern könnte, also geht er zurück ins
Schiffsinnere.


Anzukommen ist ein Schock.
Es löst Empfindungen aus, deren verträglichste noch die völliger
Desorientierung ist, wie sie vielleicht einen Schauspieler befiele, der mittels
Fernbedienung in einen komplett anderen Film geschaltet wird. Hinzu gesellt
sich Schwindel. Jenes Gefühl der Entkörperlichung, wie Luther es vom ersten
Mal her kennt. Unangenehm, wenngleich nicht überraschend. Neu ist der
Impuls, einen Aufprall abfedern zu müssen, obschon man weiterhin festen
Boden unter den Füßen verspürt. Pilar hat ihm erklärt, das sei ein mentales
Problem – in der Erfahrungswelt des Hirns gäbe es nichts Adäquates. Intuitiv
leiste es Widerstand gegen den übergangslosen Wechsel, der nur eine Illusion
sein könne, suche Halt im Entschwundenen. Jeder schildert andere
Symptome. Manche gehen einmal und nie wieder hinüber und sind noch
wochenlang verstört. Andere tun es mit der Gleichmut des Vielfliegers. Die
meisten gewöhnen sich dran, vor allem die robusteren, erdnahen Naturen,
deren Phantasie nicht so schnell überhitzt. Ihr Geist ist weniger empfänglich
für die Eigentümlichkeiten der Sphäre, sodass sie den Moment unmittelbar
vor dem Transfer vorwiegend körperlich erleben, als eine Mischung aus
irrwitziger Beschleunigung, freiem Fall und noch etwas anderem, das ihre
Wahrnehmung reflexartig ausblendet.
Doch da ist viel mehr.
Unaussprechlich viel mehr.

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