schmetterling

(Martin Jones) #1

»Geht klar, Kenny«, sagt der Jet.
Riesen wandeln auf der freien Fläche zwischen ENC und dem Main-Post-
Kasernentrakt. Hochhausgroße Androiden mit schlanken, makellosen Leibern
und Gliedmaßen, idealisierte Selbstbilder ihrer Schöpfer. Der Lilium Jet
fliegt geradewegs in eines der Wesen hinein, hindurch – eine Projektion nur,
bloße Werbung. Goldene Buchstaben drehen sich in der Luft: California
Robot Fair. Der Androide, unzweideutig weiblich, schaut ihnen hinterher,
geht dem Jet mit wiegenden Hüften nach und streckt anmutig einen Arm
nach ihm aus. Seine – ihre Finger öffnen sich behutsam, als fange sie einen
Schmetterling. Trotz ihrer Größe wirkt sie nicht bedrohlich. Ein Flirt, ein Akt
der Verführung. Weniger humanoide Giganten staksen und rollen umher,
vielbeinig, insektoid. Der Jet sinkt tiefer, berührt den Boden, seine Türen
schwingen auf, während sich die titanische Holografie schon wieder anderen
Dingen zugewandt hat.
»Woher wisst ihr, wo wir unseren fliegenden Teppich später suchen
müssen?«, fragt D.S. und bereut es im selben Moment. Wahrscheinlich nervt
er die Jungs mit seiner ständigen Fragerei. Ein Höhlenmensch in einer Welt,
in der er längst tot sein sollte.
»Müssen wir nicht«, sagt Kenny und springt nach draußen. »Wenn wir ihn
rufen, kommt er.«
»Gehorcht aufs Wort«, grinst Jim.
»Wie Cassius.« D.S. folgt den beiden. »Wenn ich sage, kommst du jetzt
oder kommst du nicht, dann kommt er oder kommt nicht.«
Er vermisst seinen Hund. Der Lilium Jet fliegt davon. Wind zieht von
Westen herein, Menschen strömen in und aus dem Center, sitzen in der
Sonne, trinken Kaffee, essen Obstsalat und French Toast. Keine erkennbaren
Handys oder Laptops. Dennoch scheinen alle, auch die im Gespräch, auf
paralleler Ebene vernetzt zu sein, ohne im Geringsten abgelenkt zu wirken.
Nichts hier erinnert an die in Maschinen starrenden Zombies, die D.S.
gewohnt ist, durch die Welt taumeln zu sehen. Wie selbstverständlich steht

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