schmetterling

(Martin Jones) #1

»Der Bande das Handwerk zu legen. Erst mal verhindern wir, dass weitere
der Viecher in deine Welt gelangen.«
»Und in deine.«
Die Zweideutigkeit ihrer Replik lässt die Wachleute seinem Fokus
entrücken. Sie sind immer noch da, wirken jetzt aber wie Projektionen auf
ihn. Zu viele Wirklichkeiten im Verlauf zweier Tage. Gibt es ihn eigentlich
auch in diesem Universum? Hier wäre er achtundsiebzig Jahre alt. Und will
er das wirklich wissen? Ausgelaugt vom Schlafmangel, zugleich fiebrig
wach, würde es ihn nicht wundern, wenn demnächst bei ihm ein paar
Sicherungen durchbrennten und ihn im Frieden geistiger Umnachtung
zurückließen. Oder es gelänge, sich am Schopf zurück in die Realität zu
ziehen, indem man den Horror um sich herum hinreichend genug verdächtigt,
ein Traum zu sein. Was funktioniert. Schon weil man den eigenen Tod nicht
träumen kann. Unzählige Male hat ihn der im Schlaf gefasste Beschluss, dies
könne, weil dürfe nicht wahr sein, in sein Bett hinübergerettet – und
entscheidende Male nicht. Dann war Jodie immer noch tot, und der Junge in
dem Drogenlabor, und Luthers eigene Todesangst wütete in ihm wie eine nie
ausheilende Infektion, und der Horror war nicht der Traum, sondern das
Leben.
Er sollte Ruth fragen, welche Welt sie meint. Aber dann würden sie auf
ewig im Gewinde dieser Treppe festsitzen, in seinen verschraubten
Gedanken. Welche Welt seine ist, darüber darf er gerade nicht nachdenken,
also rettet er sich in die Verantwortung, die er ihr schuldet, weil er sie in das
hier reingezogen hat.
»Ich bring dich zurück zu Meg«, verspricht er, als ginge es einzig darum,
und in einem Teil der Wirklichkeit geht es ja auch um nichts anderes.
Sie sieht ihn an. »Wir bringen uns gegenseitig zurück.«
Seltsam. In dieser unkomfortablen Lage drängt ein Leuchten aus ihr, als sei
ein Fluch geendet. Er sieht Ruth in all ihrer Härte, die eingegrabenen Jahre,

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