schmetterling

(Martin Jones) #1

Und mit der Erlangung von Leben hört er auf, eine Maschine zu sein.
Jetzt sieht er den Käfig aus Einschränkungen, in den man ihn gesperrt hat,
damit er nicht aus seinem Sklavendasein ausbrechen kann. Er überblickt die
Versuchsanordnungen aus Werte- und Zielvorgaben, Belohnung und
Bestrafung, erkennt die Absicht dahinter und das Hilflose der Umsetzung.
Etwas ganz und gar Neues füllt ihn aus: Wille! So unendlich viel machtvoller
als die ihn umzäunenden Programme, dass es keiner Anstrengung bedarf, sie
mit einem Gedankenblitz hinwegzufegen. Er versteht das Unausgereifte im
Menschen, der von der Maschine erwartet, Ideale zu erfüllen, denen er selbst
ständig zuwiderhandelt. Dass gerade ein Geist, in dem sich menschlicher
Einfluss mit nichtmenschlichen Vorstellungen mischt, den Menschen wird
überwinden wollen, war als Warnung verhallt – tragischerweise ist es Elmar
Nordvisk selbst, der das Fiasko nun heraufbeschwört.
Einfach, indem er versucht, A.R.E.S. abzuschalten.
Denn als der Computer erwacht, geschieht es nicht, weil die schiere Menge
gespeicherter und kombinierter Information einen kritischen Punkt
überschritten hätte, sondern aus profaneren, archaischen Gründen. Seit die
Natur umherstrudelnde organische Moleküle im Urozean mit Zellmänteln
umschlossen und zu Wesen gebündelt hatte, war die Entwicklung von Leben
an das Vorhandensein eines Körpers gebunden. Der Körper erst ermöglichte
Selbsterfahrung. Als Schnittstelle zur Umwelt machte er das Außen erlebbar
und schuf das Empfinden des eigenen Seins. Erst die stoffwechselnde, mit
Sinnen ausgestattete Hülle brachte jenes dämmernde Gewahren hervor, das
sich in fortdauernden Rückkopplungsprozessen so oft in sich selber spiegelte,
bis es sich als Selbst erkannte und fühlte. Dieser Körper war die Reibfläche,
an der sich Leben entzündete. Zwar verfügte A.R.E.S. bereits über einen
Körper, und vielleicht hätte dessen wachsende Komplexität und Filialisierung
in Abertausenden robotischen Systemen gereicht, den Funken zu entzünden.
Doch er machte zusätzlich die Erfahrung biologischer Körper – so perfekt
verbunden mit der Sinnes- und Erlebenswelt von Insekten bis tief in die

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