schmetterling

(Martin Jones) #1

»Keinen Bock, die rauszukramen.« Pilar tritt zu dem Generatorblock und
öffnet die Klappe zum Bedienfeld. Zielstrebig schaltet sie nacheinander
Wechselstrom- und Drosselautomatikschalter aus, dreht den Zündschalter auf
Start und hält ihn ein paar Sekunden lang in dieser Position. Luthers Augen
suchen Boden und Wände ab. Eine Verfärbung zieht seinen Blick auf sich.
Ein Schatten im Schatten, den etwas hinter dem Generatorblock wirft.
Schmal und gewunden, länger werdend. Oder bildet er sich das ein?
Langsam, die Glock im Anschlag, geht er um den Block herum. Hört
gedämpft den Motor anspringen. Pilar lässt den Schalter auf On rasten,
Helligkeit sickert in den Raum, und der schlängelige Schatten ist kein
Schatten mehr, sondern ein sich ausbreitender Blutsee.
»Drosselautomatik auf Auto«, konstatiert Pilar zufrieden.
Mit zwei Schritten ist er ganz um den Block herum und sieht als Knäuel
daliegen, was von den Wachmännern übrig ist.
Etwas sitzt darauf und frisst.
Es ist größer als ein Ripper. Viel größer. Bei Luthers Anblick richtet es
sich auf, die Vorderextremitäten gespreizt, sodass man die mit nadelspitzen
Dornen bestückten Greifzangen sehen kann. Ein dreieckiger Kopf kippt in die
Schräge, was der Kreatur den Anschein kalten Interesses verleiht. Von den
Augen – falls es Augen sind – geht eine nahezu hypnotische Wirkung aus,
ein Blick voll bösartiger Intelligenz. Emsig arbeiten ihre Mandibeln und
Kaulade weiter, schreddern einen Klumpen Fleisch und befördern ihn rasch
ins Innere, während sie den Oberkörper reckt und ein Zittern die Beine
durchläuft. Von oben dringt leises Kratzen und Scharren herab. Einem
schrecklichen Verdacht folgend, hebt Luther den Blick zur Decke –
Zu Dutzenden hängen sie über ihm, die Zangen zum Gebet gefaltet.
Das fressende Ding entfaltet dunkel schillernde Flügel.
»Pilar«, flüstert er. »Raus.«
In einer blitzartigen Drehung stürmt er aus dem Raum, sieht Pilar an sich
vorüberschnellen und wirft die Tür zu. Ein abgetrenntes Bein fällt zuckend zu

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