schmetterling

(Martin Jones) #1

Augenschein – wie ein gigantischer Organismus, dessen Sinnesapparat nach
innen gestülpt ist und der die Kabine in sich birgt. Wo der Schacht
abschließt, erkennt er die rechteckige Aufhellung des Austritts zum Hangar.
Rasch gewinnen sie an Höhe, die Aussparung rückt näher, sie passieren die
Unterkante –
Da ist kein Hangar.
Jedenfalls nichts, was ihm gliche. An seiner Statt wölbt sich eine
schimmernde, wie aus zerstoßenem Glas geformte Kuppel, fluktuierend in
spektralen Blitzen, wo Myriaden Prismen das einfallende Sonnenlicht
aufspalten und streuen. Der Untergrund ist glatt, erdig braun. Kaum eines
Wortes fähig, verlassen sie den Fahrstuhl, und Luther fühlt den Boden unter
seinen Füßen nachgeben. Er bückt sich, streicht mit der Hand darüber und
löst kleine Körnchen heraus, verreibt sie zwischen Daumen und Zeigefinger –
Humus. Gestampfte Erde, nichts weiter. Einer nach dem anderen defilieren
sie an ihm vorbei, bewegen sich in jenem schlafwandlerischen Tempo, das
Furcht und Neugier angesichts des Ungewissen, potenziell Gefahrvollen
vorgeben. Als Erste tritt Eleanor aus der schimmernden Überwölbung hinaus
unter den offenen, tiefblauen Himmel. Ein Laut des Staunens entweicht ihr,
kindlich und doch Ausdruck innerster, fundamentaler Erschütterung. Dann
stehen sie alle dort, geeint in Fassungslosigkeit, und betrachten stumm die
Landschaft, atmen die reine, von Blütenpollen und Nadeldüften schwere
Luft, die deutlich wärmer und feuchter ist, als sie es in diesem Teil des
Landes je war, denn wo sie sind, steht außer Zweifel. Die Topografie der
Hügel und Bergrücken weist den Platz eindeutig als Sierra Valley aus – dort
im Dunst der Höhenkamm des Yuba-Passes, nördlich davon die
Gebirgslinien von Plumas, sofern Namen wie Sierra und Plumas in dieser
Welt noch gebräuchlich sind und Sinn ergeben.
»Das kann nicht –«, setzt Pilar an.
»Offenbar doch«, schneidet ihr Grace rüde das Wort ab. »Gewöhn dir bitte
dein Kleinmädchengequengel ab, was alles nicht sein kann, wir sind komplett

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