schmetterling

(Martin Jones) #1

kathedralische Pracht, strotzend vor Gesundheit und – ja, was genau ist
das? – Selbstbehauptung. Anders lässt es sich nicht erklären. Alles erscheint
Luther eine Spur durchdringender als gewohnt, die Kontraste überstark
akzentuiert, das Schwarz der Stämme wie Passagen in unendliche lichtlose
Räume, das durchbrechende Grün beinahe grell, der Himmel so klar und
leuchtend, als sei ein Filter davon genommen, der selbst an schönen Tagen
immer darüber gelegen hat. Weich schimmert das Sonnenlicht auf den
Nadelbüschen der Kiefern und taucht ihre Spitzen in Silber. Im Süden, um
Knutson Meadows, verzweigen sich die Ausläufer der Kristallwelt in von
Teichen bestandenen Wiesen, die verschwenderisch mit Löwenzahn prunken,
selbst die räudigen Stellen entlang der Hügelflanken, wo vereinzelt Gras aus
Geröllfeldern sprießt, schmälern nicht den Gesamteindruck einer Natur, die
zu sich selbst zurückgefunden hat, ungeschont von den Elementen und dem
Wechsel der Jahreszeiten, aber geheilt.
»Ich will ja niemandem ins Weihwasser pinkeln«, erdet Phibbs die
Stimmung. »Aber wie kommen wir hier wieder weg?«
»Kein Problem, wenn es den Kontrollraum noch gibt.« Elmar geht ein paar
Schritte. Der Großteil der Skulpturen wächst auf Bodenhöhe ineinander, doch
dazwischen verlaufen Wege, bedeckt vom gleichen fein gekrümelten Humus
wie der Platz, auf dem sie stehen. »Etwas steuert ja dieses Tor. Es ist in
Betrieb. Es sendet.«
»Was uns zu der Frage bringt, wer hier lebt.« Luther geht Elmar nach. Sein
Blick wandert hoch zur baumwipfelgezackten Passkante. Als blaugrüne
Silhouette zieht sie sich Richtung Süden. Dahinter, oberhalb der Yuba Pass
Road in zehn bis zwölf Meilen Entfernung, ragt ein Luftschloss empor. So
zart und pastellen flirren seine Umrisse in der feuchten Atmosphäre, dass
man zweimal hinschauen muss, bevor sich die Türme und Bögen aus dem
Blau des Himmels lösen. Es könnte aus Glas sein, wie es dort schwebt, doch
eher vermutet Luther, dass es aus demselben kristallenen Grundstoff besteht

Free download pdf