schmetterling

(Martin Jones) #1

April ist es ungewöhnlich heiß. In gleich welche Richtung man blickt,
erstrahlt der Horizont weiß, als löse die Hitze Atome aus dem Boden und
lasse die Erde langsam verdampfen. Ein rundverglastes Gebäude krönt die
Felsen, die Saddleback-Mountain-Feuerwarte. Luther steigt die Außentreppe
hoch und betritt den einzigen, lichtdurchfluteten Raum, beherrscht von
Messgeräten und einem drehbaren Winkelanzeiger, um Waldbrände zu
lokalisieren. Neben dem kleinen Schreibtisch kocht Wasser auf einem
altertümlichen Gasherd. Das Bett ist frisch bezogen, wahrscheinlich der
Schlafplatz mit dem besten Blick in ganz Sierra.
»Hi, Buster«, begrüßt er den bulligen Mann mit der Schirmmütze, der ihn
von Weitem hat kommen sehen und zwei Becher auf den Tisch stellt. »Wie
ist der Tag?«
»Wie jeder andere.« Buster nimmt den Kessel vom Feuer und gießt Kaffee
auf. Sofort durchzieht ein betörender Duft die Station. »’ne Menge zu tun,
Luther, alles Kleinkram, von dem du nichts wissen willst. Kommst gerade
richtig.«
Im Funkgerät rauscht es, Stimmen durchwandern den Äther. Über Sierra
und die umliegenden Countys verteilen sich etliche Feuerwarten, die rund um
die Uhr in Kontakt stehen. Ihre Einzelpeilungen übereinander gebracht,
lassen sich Brandherde koordinatengenau orten und gezielt Löschzüge
losschicken. Buster öffnet eine Plastikdose.
»Lust auf ’n Sandwich?«
»Nein, danke.«
»Meine Frau hat sie heut morgen frisch gemacht.« Er schneidet die
Milchtüte an. »Du weißt nicht, was dir entgeht.«
»Truthahn. Mit Jalapeños und Käse.«
»Ja, ich bin ein Gewohnheitstier. Und du bist bald Sheriff. Musst essen,
damit du groß und stark wirst.« Er lacht heiser, gibt einen ordentlichen
Schuss Milch in Luthers Kaffee, reicht ihm den Becher. Luther bläst in die
dampfende Flüssigkeit und grinst pflichtschuldigst über den abgestandenen

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